Moers Die SPD ringt mit sich selbst

Moers · Um über die Zukunft der Sozialdemokratie zu diskutieren, war eigentlich SPD-Landeschef Michael Groschek angekündigt. Auf dem roten Sofa neben Gastgeber Ibrahim Yetim nahm dann aber Siegmund Ehrmann Platz. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete sagt: "Wir müssen wieder ein Gespür für die Basis entwickeln!"

 Der Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim (l.) und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Siegmund Ehrmann im Gespräch - miteinander und mit der SPD-Parteibasis.

Der Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim (l.) und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Siegmund Ehrmann im Gespräch - miteinander und mit der SPD-Parteibasis.

Foto: Christoph Reichwein

Das Ergebnis der Bundestagswahl, die interne Debatte über eine erneute, eigentlich nicht gewollte Große Koalition mit CDU/CSU in Berlin, die Kampagne dagegen, die Abstimmung, die Personaldebatten: Selten standen die Sozialdemokraten deutschlandweit so sehr im Fokus wie in den vergangenen Monaten, und selten wirkte sie so zerrissen. Auf der anderen Seite hat der Mitgliederentscheid über die Regierungsbildung der Partei allein im noch jungen Jahr 2018 24.000 Neumitglieder beschert. Was bedeutet das für die Sozialdemokratie, auch oder gerade an der Basis? Diese Frage wurde jetzt bei einer Mitgliederversammlung in den Räumen sci Moers diskutiert.

Eigentlich war SPD-Landeschef Michael Groschek für diesen Abend angekündigt. Auf dem roten Sofa neben Gastgeber Ibrahim Yetim MdL nahm dann aber Siegmund Ehrmann Platz. 15 Jahre lang saß der Moerser für die SPD im Bundestag. Zuletzt war er Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien. Das Ergebnis der GroKo-Abstimmung habe ihn überrascht, sagte Ehrmann. Bei Parteiveranstaltungen im Vorfeld habe er - wie Yetim - eher den Eindruck gehabt, dass der größere Teil der Mitglieder eher gegen eine erneute Regierungsbeteiligung sei: "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das Votum so eindeutig ist. Das macht mich nachdenklich. Wer ist denn dann eigentlich die Basis in der Sozialdemokratie? Wenn wir über Erneuerung nachdenken, müssen wir dafür ein Gespür entwickeln."

Im Moment, so Ehrmann, bekämpfe sich die SPD intern schärfer als den politischen Gegner. Letzterem komme das zugute. "An der Stelle dürfen wir nicht stehenbleiben. Wir haben gestritten, und wir haben entschieden - jetzt muss es weitergehen. Das hat nicht nur etwas mit Berlin oder Düsseldorf zu tun, sondern auch mit unserer Region und der SPD vor Ort."

Ähnlich sieht das auch Ibrahim Yetim. "Nach vorne schauen und sehen, was wir hier für uns in Moers verändern müssen", sei die Losung der Stunde, sagte er. Die, um deren Meinung es an diesem Abend gehen sollte - die Mitglieder der Basis - richteten den Blick trotzdem größtenteils nach Berlin. Noch nie sei er von der Führungsspitze so tief enttäuscht gewesen wie in diesem Jahr, sagte ein langjähriges SPD-Mitglied. Und: Um einen Erneuerungsprozess einzuleiten, sei es für die Partei unverzichtbar, zu den eigenen sozialdemokratischen Grundwerten zurückzukehren. "Diese Werte und die Menschenwürde: Das sind unsere Leitplanken", hieß es. Da gebe es nichts zu erneuern. Die SPD müsse wieder zu einer linken Volkspartei werden.

(RP)
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