Klingelbeutel Die Freude an den zehn Geboten

Moers · Wer am morgigen Sonntag einen evangelischen Gottesdienst besucht, wird es möglicherweise erleben, dass da die zehn Gebote vorgelesen werden. Die zehn Gebote, man findet sie in der Bibel an zwei verschiedenen Stellen, u.a. im zweiten Mosebuch, Kapitel 20, sind eine der für Sonntag, 15. Oktober, vorgeschlagenen Lesungstexte.

Wer von Ihnen evangelisch ist und seinerzeit den Konfirmandenunterricht besucht hat, hat diese Gebote wahrscheinlich sogar einmal auswendig lernen müssen. Stimmt doch, oder? Wenn ich Sie fragen dürfte, evangelisch, katholisch oder einfach zufälliger Leser dieser Kolumne: Bekämen Sie den Inhalt der zehn Gebote noch auf die Reihe, vielleicht sogar in der richtigen Reihenfolge?

Schon möglich. Aber wozu wäre das gut? Was hilft es einem, wenn man die zehn Gebote drauf hat, kennt, vielleicht sogar im biblischen Wortlaut? Hat man das als Erwachsener nicht einfach im Gefühl, was gut und schlecht, passend oder nicht passend, angemessen oder unangemessen ist, wenn es um das eigene Verhalten geht. Die Konsequenzen für das persönliche Auftreten erleidet oder genießt man sowieso selbst.

Ich bin nach wie vor dankbar dafür, dass ich die zehn Gebote kenne, auch in der richtigen Reihenfolge. Ich empfinde diese Sätze als Hilfe zum Leben, als Lebenshilfe, ja geradezu als Wegweisung der Freiheit. Kein jemals aufgestelltes Gebot, egal in welchem Kulturkreis entstanden, kann einem das Gespür für die Situation abnehmen, in der man sich gerade befindet und die Entscheidung, was daraufhin zu tun oder zu lassen ist.

Das ist mir schon klar. Aber allein diese Aussage zu Beginn des ersten Gebotes: "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Knechtschaft geführt hat ...", ist so ein deutliches Wort gegen Angst oder Mutlosigkeit auf der einen und Überheblichkeit auf der anderen Seite, so ein Schutz gegen falsche Bindungen, dass ich unsere zehn Gebote auf keinen Fall missen möchte.

Vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, den Text mal im Original in Ihrer Bibel zu lesen. Hier die Stellen: 2. Mose 20, (Exodus 20) die Verse 1 bis 17 oder 5. Mose 5, (Deuteronomium 5), die Verse 6 bis 21, da finden Sie den Text.

Übrigens, das Judentum, dem wir die hebräische Bibel, unser Altes Testament und damit auch die zehn Gebote verdanken, feiert Jahr für Jahr ein Fest, das den Titel trägt: "Die Freude am Gesetz." In diesem Sinne: Viel Freude beim Bedenken oder Lesen der zehn Gebote.

JÜRGEN KUNELLIS IST PFARRER DER EVANGELISCHEN KIRCHENGEMEINDE HOERSTGEN-SEVELEN-RHEURDT

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort