Moers Der Moerser, der im WDR-Orchester den Takt angab

Moers · Der Musiker Hermann Hagestedt (1903 - 1976) verlebte seine Kindheit und Jugend in Moers. Später wurde er einer der Väter des WDR-Funkhausorchesters. Seit fast 20 Jahren gibt es einen Antrag, eine Straße nach ihm zu benennen. Jetzt wird der Antrag diskutiert.

 Hermann Hagestedt am Dirigentenpult im Jahr 1957.

Hermann Hagestedt am Dirigentenpult im Jahr 1957.

Foto: WDR

Der Bürgerantrag, der demnächst im Stadtentwicklungsausschuss behandelt wird, ist rekordverdächtig: Fast 20 Jahre lang war er ad acta gelegt - der Eingangsstempel des damaligen Rechtsamts stammt vom 21. Januar 1999 -, bevor man ihn aus der Schublade holte. Urheber ist ein Dipl.-Ing Friedrich G. Peter. Er bat darum, eine Straße in Moers nach Hermann Hagestedt zu benennen. Das soll jetzt, eventuell, geschehen. Zu Debatte steht eine Straße im Neubaugebiet am Schlosspark, auf dem Areal der alten MTV/GSV- Sportanlage.

 Schon als junger Mann hatte Hermann Hagestedt (Mitte) ein eigenes Orchester. Das Foto zeigt ihn (Mitte) 1929 mit einigen seiner Musiker.

Schon als junger Mann hatte Hermann Hagestedt (Mitte) ein eigenes Orchester. Das Foto zeigt ihn (Mitte) 1929 mit einigen seiner Musiker.

Foto: WDR

"Hermann wer?", werden sich viele fragen. Vor 20 Jahren war die Erinnerung an Hagestedt aber noch nicht verblasst. "Fast allen älteren westdeutschen Bürgern ist der Name des beliebten Künstlers (Dirigent und Orchesterleiter) Hermann Hagestedt aus zahllosen Übertragungen von WDR Köln in guter Erinnerung geblieben", schrieb Peter. "Doch nur wenigen Moersern ist bekannt, dass Hagestedt von 1908 bis 1925 in Moers gelebt und die hiesigen Schulen (Volksschule und Gymnasium Adolfinum) besucht hat. Auch später, als er schon in Köln studierte und bereits öffentlich musizierte, kam er regelmäßig nach Moers, um Verwandte und viele Freunde zu besuchen."

Hagestedt (1903 - 1976) war wirklich ein Großer der Unterhaltungsmusik nach dem Krieg. Zunächst Violinist, verlegte er sich später ganz aufs Dirigieren. Schon früh hatte er ein eigenes Orchester, das nach dem Krieg einen Vertrag mit dem WDR abschloss und später im WDR-Rundfunkorchester aufging. Die Radio-Konzerte des Hermann-Hagestedt-Orchesters waren populär. Im Karneval spielte es bei den Kölner Prunksitzungen auf. Hagestedt und seine Musiker begleiteten den legendären Jupp Schmitz bei Klassikern wie "Wir kommen alle in den Himmel" oder "Wer soll das bezahlen". Auch bei Aufnahmen des unvergessenen Willy Schneider ("Man müsste noch mal 20 sein") wirkte der in Moers aufgewachsene Dirigent mit. Bis 1968 leitete er den Klangkörper, der dann den offiziellen Namen Kölner Rundfunkorchester erhielt und heute WDR-Funkhausorchester heißt. "Das große Unterhaltungsorchester des WDR bestand früher aus vielen unterschiedlichen Formationen", sagt WDR-Orchestermanagerin Corinna Rotschy. "Hagestedt hat diese Vielfalt mit ermöglicht."

Bei der Benennung von Straßen kann sich die Politik (muss aber nicht) aus einer Liste bedienen, auf der geeignete Persönlichkeiten "gesammelt" werden. Widerstandskämpfer sind darunter, Künstler, Wissenschaftler, Politiker - darunter auch solche, die mit Moers herzlich wenig zu tun haben. Auch Hermann Hagestedt ist seit Jahren gelistet. Dass er nun in Betracht gezogen wird, liegt daran, dass das Neubaugebiet am Schlosspark unweit der Moerser Musikschule liegt. Bei Straßenbenennungen spielten solchen Äußerlichkeiten oft eine Rolle, sagt Stadtsprecher Thorsten Schröder. Gerne greife man auch geografische Gegebenheiten auf. So konkurriert bei dem Neubaugebiet der Name "An den Filder Benden" mit Hagestedt. Thorsten Schröder gibt dem Musiker wenig Chancen. Denn eine weitere Alternative, nämlich Georg-Dargatz-Straße, ist ebenfalls im Spiel. Und schon der MTV-Sportplatz, der dem Neubaugebiet weichen musste, hatte den Namen des langjährigen Vereinsvorsitzenden und Ratsmitglieds Dargatz (1922 -1995) getragen.

Friedrich G. Peter, der sich für eine Hermann-Hagestedt-Straße eingesetzt hatte, verfügte anscheinend über Kontakte nach Köln. Der WDR "würde es begrüßen, wenn er rechtzeitig von der Namensgebung benachrichtigt würde", liest man in seinem Antrag. Ob das nach 20 Jahren noch gilt? Orchestermanagerin Rotschy wäre jedenfalls für einen Wink aus Moers dankbar: "Ich fände das cool. Dann könnten wir nach Moers kommen und dort die alten Melodien von Hagestedt spielen." Die Mitglieder des Moerser Stadtentwicklungsausschusses haben es in der Hand.

(RP)
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