Bernd Reuther (FDP) Und Stefan Meiners (Grüne) Das Jamaika-Interview

Moers · Bernd Reuther (FDP) und Stefan Meiners (Grüne) waren im Wahlkampf zwar Kontrahenten, lernten sich dort aber auch schätzen. Reuther geht jetzt als Abgeordneter nach Berlin, Meiners macht in Voerde Kommunalpolitik. Sie sprechen über Schwarz-Gelb-Grün.

 Bernd Reuther (links) ist neuer Bundestagsabgeordneter der FDP für den Wahlkreis Wesel I. Sein Rivale im Wahlkampf war Stefan Meiners, mit dem er sich nicht immer grün war.

Bernd Reuther (links) ist neuer Bundestagsabgeordneter der FDP für den Wahlkreis Wesel I. Sein Rivale im Wahlkampf war Stefan Meiners, mit dem er sich nicht immer grün war.

Foto: Sebastian Peters

Herr Reuther, Herr Meiners, im Bundestagswahlkampf waren Sie Rivalen. Ein Grüner und ein Liberaler - es heißt ja, dass die Parteien sich nicht riechen können.

Reuther Was aber nicht bedeutet, dass man sich als Menschen im Wahlkampf nicht versteht. Wir haben bei den ersten Wahlveranstaltungen schnell gemerkt, dass wir menschlich durchaus auf einer Linie sind. Auch wenn es natürlich inhaltlich starke Differenzen gibt, so fand ich den Typen Stefan Meiners als Wahlkämpfer sehr angenehm.

Meiners Ich schätze Bernd Reuther als einen Typen, der offen seine Meinung sagt, mit dem man sich leidenschaftlich streiten kann, mit dem man aber auch nachher ein Bier trinken kann. Von diesen Typen gibt es leider immer weniger. Es wird nicht mehr getrennt zwischen dem Politiker und dem Menschen.

Was finden Sie denn an der FDP sympathisch, Herr Meiners?

Meiners Naja, wie die sich, nachdem sie aus dem Bundestag geflogen sind, wieder aus dem Tal gekämpft haben, davor kann man schon Respekt haben. Das hat auch mich beeindruckt.

Und was gefällt Ihnen an den Grünen, Herr Reuther?

Reuther An Euch, Stefan, mag ich, dass es einige Politiker mit gutem Profil gibt. Es ist ja nicht so, dass ich in meinem privaten Umfeld nicht mit den Grünen könnte. In meinem Bekanntenkreis gibt es viele Grünen-Wähler. Mit denen kann ich leidenschaftlich diskutieren, aber überzeugen werde ich sie wohl nicht mehr. Als wir am Wahlabend gefeiert haben, war übrigens auch ein befreundeter Grüner von mir dabei. Der hat mir noch gesagt: "Ich mag dich, aber trotzdem habe ich grün gewählt."

Zur Sache, die Herren. Nach Lage der Dinge wird Deutschland bald von der sogenannten Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen regiert. Wo sehen Sie inhaltliche Schnittmengen zwischen Grünen und FDP, wo können Ihre Parteien miteinander?

Meiners Schnittmengen gibt es, das wussten wir auch vor dem Wahlkampf. Politische Übereinstimmung sehe ich etwa beim Einwanderungsgesetz oder der Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung. Es gibt aber auch Punkte, da ist die FDP so weit von uns entfernt wie keine andere Partei.

Reuther Naja, Die Linke ist mir immer noch ferner als ihr Grünen. Du hast zwar recht. Wir müssen aber auch die Unterschiede betonen.

Meiners Es ist klar, dass wir die marktradikalen Ideen der FDP in der Finanzpolitik nicht mittragen wollen. Wir als Grüne stehen für eine Bürgerversicherung, für ein faires Sozialsystem. Was könnt ihr da bieten, Bernd?

Reuther Euch Grünen geht es darum, immer mehr Geld einzusammeln. Unser Ansatz sieht anders aus. Wir wollen den Bürger entlasten, Leistung darf sich lohnen in unserem Land.

Hand aufs Herz, schon mal Grün gewählt, Herr Reuther?

Reuther Um Gottes Willen.

Meiners Das hätte mich auch gewundert. Ich habe, wen wundert es, der FDP auch noch nie meine Stimme gegeben.

Wen von den Grünen hätten Sie, als Typen, gerne in Ihrer Fraktion, Herr Reuther?

Reuther Naja, einer wie Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, ist als Typ schon reizvoll und fände seinen Platz sicherlich auch in der FDP.

Herr Meiners, Palmer mit seinen Positionen zu Flüchtlingen würden Sie als Grüne wahrscheinlich gar nicht so ungern zur FDP abgeben, oder?

Meiners Da sage ich jetzt mal außergewöhnlicherweise nichts zu. Dafür sage ich Ihnen, wenn ich mir von der FDP bei den Grünen gut vorstellen kann. Der amtierende Bundesvorsitzende der Liberalen stünde als Person - mit Abstrichen - sicherlich auch den Grünen gut zu Gesicht.

Reuther Dass du den Lindner lobst, unglaublich. Es gibt übrigens auch Politiker bei euch, bei denen bin ich froh, die nicht in meiner Partei zu haben. Herrn Trittin zum Beispiel, den sehe ich bei den Grünen gut aufgehoben.

Meiners Wir stehen als Grüne eben für eine Vielfalt an Typen, starke Individuen. Einer davon übrigens ist Ministerpräsident in Baden-Württemberg.

Mal ehrlich: Sie kultivieren hier die Konfrontation. Wie viel Folklore ist eigentlich dabei, wenn sich Grüne und FDP öffentlich streiten?

Meiners Natürlich sind die Inhalte wichtig, aber ohne die Politiker wird es am Ende nicht umgesetzt. Was das betrifft, möchte ich beim Thema Sympathie übrigens auch Sabine Weiss mit einschließen. Unsere CDU-Kontrahentin hat Wahlkampf geführt, bei dem es trotz aller Kontroverse menschlich immer sehr gepasst hat.

Reuther Kann ich nur bestätigen.

Sie beide stehen hier also als zwei Beispiele dafür, dass Jamaika auf Bundesebene menschlich funktionieren kann. Vielleicht sollte man Sie bei den kommenden Koalitionsverhandlungen zu den Chefunterhändlern machen?

Reuther Die Chemie würde zumindest stimmen.

Meiners Aber du musst bedenken, lieber Bernd, dass sich für Jamaika erst einmal CDU und CSU einigen müssen. Dass es inhaltlich zwischen beiden schon vor dem Start Differenzen gibt, während unsere Parteien sich offen zeigen, sagt meiner Meinung nach eine ganze Menge.

Und wenn es am Ende klappt? Haben Sie beide eigentlich schon ein Date für den Fall, dass CDU, FDP und Grüne tatsächlich das Jamaikabündnis klarmachen?

Reuther Wir werden uns dann auf ein Bier treffen und den Vertrag leidenschaftlich diskutieren.

Meiners Eigentlich brauchen wir beide kein besonderes Ereignis, um mal wieder gemeinsam was zu unternehmen. Aber wenn wir schon ein Date haben, würde ich mich freuen, wenn wir uns mal zu einem entspannten Abendessen treffen, gerne mit unseren vom Wahlkampf leidgeplagten besseren Hälften. Ob in Berlin oder in Voerde, ist übrigens für mich Nebensache.

RP-REDAKTEUR SEBASTIAN PETERS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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