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Rheurdt Da droben auf jenem Berge

Rheurdt · Die Komponisten Kunsu Shim und Gerhard Stäbler leben und arbeiten in der Abgeschiedenheit der Gemeinde Rheurdt. Dort fanden sie ein Haus am Hang des Höhenzuges.

 Gerhard Stäbler und Kunsu Shim in ihrem Wohnzimmer in Rheurdt. Die Kompositionsarbeit findet allerdings nicht am Klavier statt.

Gerhard Stäbler und Kunsu Shim in ihrem Wohnzimmer in Rheurdt. Die Kompositionsarbeit findet allerdings nicht am Klavier statt.

Foto: Marcus Koopmann

Als der Fotograf sich anschickt, ein Bild mit dem Flügel zu machen, zögern Gerhard Stäbler und Kunsu Shim ein wenig. "Wir arbeiten nicht am Klavier", sagen beide. So könne ein falscher Eindruck entstehen. Der Flügel ist zum Musikmachen da. Noten von Satie und Ravel liegen obenauf.

Shim und Stäbler sind Komponisten, und wenn sie an ihren Werken feilen, tun sie das in der Ruhe ihrer Arbeitszimmer. Großzügig erlauben sie dem Besucher einen Blick in die Partituren, manche sind in Notenschrift verfasst, andere in Notationen, die speziell für ein Werk entwickelt werden mussten, und die für Laien wie abstrakte Grafiken wirken.

Dass zwei angesehene zeitgenössische Komponisten in der Nachbarschaft wohnen, dürfte den meisten Einwohnern von Rheurdt unbekannt sein. "Die Nachbarn dachten anfangs wohl, Musik sei ein Hobby von uns", meint Stäbler und lächelt. Er und der Deutsch-Koreaner Kunsu Shim schreiben sowohl einzeln wie auch gemeinsam, letzteres vor allem bei Performance-Projekten. Im Schlosstheater Moers läuft derzeit der vierteilige Zyklus "Frequenzen", musikalisch-szenische Lesungen, deren nächste Termine am 17. Januar und 28. Februar sind.

Nur wenige Schritte vom Haus der Komponisten entfernt liegt der Ortskern von Rheurdt. Was die beiden in dem Städtchen am Höhenzug suchten, war weniger eine reiche Kulturszene, sondern Ruhe. "Es gab diesen Gedanken, aufs Land zu ziehen", erzählt Kunsu Shim. "Jemand schenkte uns ein Buch über den Niederrhein." Zu dieser Zeit war Duisburg der Lebensmittelpunkt der beiden Künstler. "Wir dachten uns: Diese Gegend ist so nah, und doch kennen wir sie nicht", fährt Shim fort.

Bei Streifzügen aufs Land entdeckten sie schließlich das Haus in Rheurdt. Es liegt am Hang, auch ein kleines Waldstück gehört dazu. Ein Ort der Inspiration? Stäbler und Shim lächeln unwillkürlich. Das Bild vom romantischen Komponisten, dem beim Spaziergang die Melodien zufliegen, gilt ja als passé. Oder doch nicht? Shim meint: Manche Naturlaute aus der Umgebung könnten durchaus schöpferisch anregend sein.

Rheurdt und Duisburg sind nun die Pole im Leben der beiden Künstler. Außer in Moers waren sie in unserer Region auch schon in Kamp-Lintfort aktiv, im Rahmen des Projektes "unanswered questions". In Rheurdt selbst ist bislang keine ihrer Arbeiten aufgeführt worden. "Es gab Überlegungen mit Musikern vor Ort, bislang hat es nicht nicht ergeben", sagt Stäbler.

Was die Akzeptanz moderner E-Musik und Performancekunst bei den Hörern angehe, täusche man sich oft, meint Gerhard Stäbler: "Die Barriere beim so genannten gebildeten Publikum ist oft höher als beim ,unverbildeten' Publikum", berichtet der Komponist. Kunsu Shim und er haben bei ihrer internationalen Arbeit interessante kulturelle Erfahrungen gemacht. Stäbler erwähnt ein Werk mit dem Titel "Earotic" für Publikum und Klavier. Ein Teil der Performance war, dass die Hörer sich gegenseitig am Ohr berührten. "In Beirut hatten die Menschen damit keine Probleme, sie fanden es toll. In den USA bekamen wir dagegen Schwierigkeiten: Dort wurde diese Berührung als anzüglich betrachtet."

"Da droben auf jenem Berge" ist ein Lied von Franz Schubert nach einem Gedicht von Goethe.

(s-g)
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