Unsere Woche Bürgermeister zwischen den Stühlen

Moers · Bürgermeister Christoph Fleischhauer hat bei den jüngsten Abstimmungen im Rat einmal mehr seine parteipolitische Unabhängigkeit unter Beweis gestellt.

Manchmal geschehen Dinge so schnell, dass selbst altgediente Journalisten überfordert sind. So bekam in dieser Woche niemand auf der Pressebank mit, dass Bürgermeister Christoph Fleischhauer (CDU) bei der Abstimmung über den Vorschlag der CDU, alle Zuschüsse für das Moers Festival zu streichen, gegen die eigenen Parteifreunde stimmte.

Die Tatsache als solche ist zwar keine Sensation. Schon in der Vergangenheit hatte Fleischhauer wiederholt seine Ankündigung aus dem Wahlkampf 2014 wahr gemacht, dass er sein Amt ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeit ausüben werde. Aber dass er ausgerechnet beim Thema Moers Festival gegen seine eigene Partei stimmen würde, überrascht - zumindest auf den ersten Blick.

Immerhin hatte derselbe Fleischhauer noch vor nicht allzulanger Zeit mit Blick auf das Moers Festival von heiligen Kühen gesprochen, die von der Weide geholt werden müssten. Damals dachten nicht wenige, dass der Bürgermeister die Wiederkäuer am liebsten direkt dem Schlachterzuführen würde. Jedenfalls hätte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Fleischhauer dem Brohlschen Schlachtermesser in den Arm fallen würde. Dies schon gar nicht, seit ein Wirtschaftsprüfer das Versagen der Verantwortlichen bei der finanziellen Abwicklung der vergangenen Festivals so eindrücklich dargestellt hat, dass sich jetzt auf Geheiß der Stadt sogar ein Jurist mit der Causa befassen soll.

Aber der Bürgermeister will dem neuen künstlerischen Leiter und dem neuen Geschäftsführer eine Chance geben, das Festival neu zu positionieren. Ein Fraktionsvorsitzender darf schon einmal mit der Faust auf den Tisch hauen und sagen: "Jetzt reicht's". Vor allem wenn er weiß, dass er für seinen radikalen Kürzungsvorschlag keine Mehrheit hat. Ein Bürgermeister muss dagegen die Folgen seines Handelns bedenken. Eine derart kurzfristige Absage würde dem Ruf der Stadt schaden. Deshalb stimmte Fleischhauer mit der SPD.

Beim Thema "Mobile Beratungszentren" aber positionierte Fleischhauer sich gegen die Sozialdemokraten. Mit Recht weist er darauf hin, dass das Projekt weder effizient noch sinnvoll ist. Das dafür ausgegebene Geld wäre im zentralen Bürgerservice viel besser angelegt aus in den pseudobürgerfreundlichen Stadtteilbüros.

Fleischhauer scheint sich zwischen den Stühlen wohl zu fühlen. Mal sehen, ob das im Wahljahr 2017 auch noch so sein wird.

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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