Moers Bauherr rettet barockes Herrschaftshaus

Moers · Als letztes Gebäude eines der repräsentativsten Straßenzüge in der Moerser Altstadt konnte jetzt ein Wohnhaus an der Haagstraße saniert werden. Die Renovierung erlaubt tiefe Blicke in die Geschichte der Grafschaft.

 Architekt Gerhard Hostermann, Bauherrin Anke Reich, Beigeordneter Thorsten Kamp und Bauunternehmer Andrzej Skupien (von links).

Architekt Gerhard Hostermann, Bauherrin Anke Reich, Beigeordneter Thorsten Kamp und Bauunternehmer Andrzej Skupien (von links).

Foto: Klaus Dieker

Wir schreiben das Jahr 1640. Acht Jahre noch sollte der 30-jährige Krieg währen. Zwar war die Grafschaft Moers neutral; dennoch plünderten zu jener Zeit kaiserliche Truppen Teile der Region. Ob die Entscheidung des oranischen Herrschers von Moers, Friedrich Heinrich, ein außergewöhnlich großes Gebäude in Schlossnähe zu errichten, mit jenen kriegerischen Ereignissen in Zusammenhang standen, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall war es ein für Moerser Verhältnisse auffallend prachtvolles Gebäude inmitten eines Arme-Leute-Viertels. Als eines der wenigen Gebäude aus der oranischen Zeit überstand es die Abrisswut der 70er-Jahre im vergangenen Jahrhundert. Doch erst seit kurzem steht fest, dass der Erhalt des Straßenzugs für die Nachwelt gesichert ist. Gestern Morgen führten Bauherrin Anke Reich, Architekt Gerhard Hostermann und Baudezernent Thorsten Kamp durch das bald bezugsfertige Baudenkmal.

Bereits in den 80-er Jahren waren die benachbarten Häuser in der Haagstraße saniert und mehr oder weniger in den ursprünglichen Zustand versetzt worden. Ausgeklammert blieb aber das Haus Nummer 59, das seit 1951 von einer Moerser Familie bewohnt wurde. Zuletzt lebte dort eine gehbehinderte Rentnerin. Als sie starb, erwarben die Eltern von Anke Reich das Gebäude. "Mein Stiefvater Oskar Elze hatte die Idee, das Haus zu sanieren. Leider starb er noch während der Planungsphase", berichtet Anke Reich.

Die Familie beauftragte den aus Moers stammenden Berliner Architekten Gerhard Hostermann mit dem Projekt. Der hatte bereits erfolgreich die Häuser Fieselstraße 32-34 saniert. Bei der Begehung mit dem Bauherren war ihm klar, dass an der Haagstraße einige Arbeit auf ihn wartete: "Der Gewölbekeller war zusammengestürzt; tragende Deckenbalken und der Dachstuhl waren gebrochen." Möglicherweise, so Hostermann, sei ein Teil der Schäden bei vorangegangenen Sanierungen der Nachbarhäuser verursacht worden. Dabei seien vermutlich durchgehende Deckenbalken zersägt worden, die ursprünglich einmal das erst später in einzelne Wohnhäuser zerteilte Gebäude durchzogen. Zweimal hätten sich in den vergangenen 40 Jahren sogenannte Grundbrüche ereignet. "Dabei wackelt das Haus wie bei einem Erdbeben. Der Knall war bis in die Nachbarstraßen zu hören", berichtet Hostermann.

Entsprechend vorsichtig mussten die Mitarbeiter der auf Denkmalsanierungen spezialisierten Neukirchener Firma Gesa-Bau vorgehen. Nicht einmal Presslufthämmer durften eingesetzt werden. Steine und Balken wurden, so weit wie möglich, wiederverwendet. Alte Holzbalkendecken wurden durch neue ersetzt. Nicht nur Hausherrin Reich freut sich über das Resultat: "Als meine älteste Tochter das sah, hat sie gesagt, dass sie am liebsten wieder bei uns einziehen würde."

(RP)
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