Moers/Baerl Baerler erzählt Geschichte alter Höfe

Moers/Baerl · Hans-Peter Stermann veröffentlicht den zweiten Band seiner "Alt-Grafschafter Bauerngüter". Das Buch erscheint im Eigenverlag.

 Hans-Peter Stermann mit seinen Büchern.

Hans-Peter Stermann mit seinen Büchern.

Foto: Klaus Dieker

Über alte Bauerngüter der Grafschaft könnte Hans-Peter Stermann ganze Bücher schreiben. Ach was, er tut es sogar: Gerade hat der pensionierte Maschinenbau-Ingenieur aus Baerl den zweiten Band seiner "Alt-Grafschafter Bauerngüter" veröffentlicht. Darin zeichnet er die Historie von insgesamt 13 Höfen in Utfort, Bornheim und Repelen nach. Als Grundlage für die Veröffentlichung dienten dem 80-Jährigen Recherchen in Kirchenarchiven sowie dem Moerser Stadtarchiv.

Am Anfang von Stermanns Interesse an der Geschichte stand die Heimatliebe und Frage nach seinen eigenen Ursprüngen. Bis 1699 könne er den Stammbaum der Familie in Baerl zurückverfolgen. "Meine Mutter war selbst eine Bauerntochter. Ich bin auf dem Lohmannshof in Lohmannsheide aufgewachsen." Seit 20 Jahren kümmert sich Stermann um das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Baerl und spürt der Geschichte der Bauerngüter in der ehemaligen Gemeinde Repelen-Baerl (1950 in Rheinkamp umbenannt) nach. "Man sollte die Akten nicht nur sammeln und katalogisieren", findet der ambitionierte Hobby-Historiker. "Das Höfesterben ist im Schwange. Die Geschichte der Höfe sollte dokumentiert werden."

Diese Geschichte ist mitunter hochinteressant. Der Gasthof Hufen in Repelen, so erzählt Stermann beispielsweise, gehe auf einen früheren Adelssitz mit angeschlossenem Hof zurück. Der frühere Name Wevort (Wewert, Weforth) sei alten Repelenern noch heute als Hofbezeichung geläufig. Der Name gehe auf eine Viehfurt im Moersbach zurück. Dieser - ein alter Rheinarm - habe das Anwesen damals fast rundherum umschlossen und ihm Schutz geboten. "Wenn das Vieh nach Repelen auf die Heide getrieben wurde, mussten es durch die Furt." Gut möglich, dass die Herren von Wevort dafür einen Obolus verlangten. Die Wevorts seien irgendwann aufgestiegen. Einer sei Vogt am Schloss in Ossenberg geworden, ein anderer beim Grafen von Moers. Der Familiensitz sei dann wohl im 17. Jahrhundert verkauft worden.

Den frühesten Hinweis auf einen Gaststättenbetrieb fand Stermann beim Sterbeeintrag eines Kindes im Jahr 1838, in dem der Vater Johann Kool, genannt Weforth, als "Ackerer und Schankwirt" bezeichnet werde. Dessen Nachkomme Heinrich Kohl (1830-1911) hat die Schankwirtschaft später übernommen und sie seinerseits an seinen Neffen Heinrich Hufen (1867-1937) übergeben.

Bei den heutigen Wirtsleuten Ursula Hufen, geborene Biermann, und Stefan Weißbacher, hat Stermann nicht nur Informationen zur jüngeren Geschichte des Hauses erhalten, sondern auch einige historische Fotos, die er in sein Buch eingearbeitet hat. Auch in anderen Fällen konnte Stermann bei Nachfahren einstigen Hofbesitzer an Material gelangen, das ihm in den Archiven nicht zur Verfügung stand.

"Die Höfe waren früher bestimmende Wirtschaftsfaktoren", erzählt Hans-Peter Stermann. "Die Bauern waren Besitzende und - selbst in der Zeit, als sie belehnt wurden - wichtige Leute, die zum Beispiel auch Schöffen bei Gericht waren." Die Lehnsherren, das waren der Graf von Moers, das Stift Xanten, Kloster Kamp, ganz früher auch Kölner Stifte. Ihnen seien die Landwirte Abgaben schuldig gewesen. Erst Napoleon räumte mit dem Lehnswesen auf.

Im Anhang seines Buches stellt Stermann nicht nur die alten Grafschafter Vornamen ihrer modernen Bedeutung gegenüber (wie Jenneken = Johanna, Nees = Agnes oder Aleph = Adolf). Seiner Verbundenheit mit der Region trägt er auch durch die Veröffentlichung von zwei Rezepten der Grafschafter Küche Rechnung: Schlaat dörejn (Salat durcheinander) und Hemmel on Erd (Himmel und Erde), so wie er sie von Kindesbeinen an kennt und bis ins hohe Alter schätzt. "Ich gestehe unumwunden, dass ich beide Eintopfgerichte immer wieder gerne esse."

(RP)
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