Moers Als für Pfarrerinnen der Zölibat galt

Moers · Die Ausstellung "Pionierinnen im Pfarramt" ist seit gestern im Foyer des Bildungszentrums zu sehen. Sie zeigt den mühsamen Weg zur Gleichstellung von Frauen in der evangelischen Kirche. Erst vor 40 Jahren wurde diese erreicht.

 Auf zahlreichen Tafeln ist die Geschichte der Frauen im Pfarramt dokumentiert. Gestern war Eröffnung im Bildungszentrum.

Auf zahlreichen Tafeln ist die Geschichte der Frauen im Pfarramt dokumentiert. Gestern war Eröffnung im Bildungszentrum.

Foto: Klaus Dieker

Frauen im protestantischen Pfarramt - nichts scheint uns heute selbstverständlicher. Wir hören sie von den Kanzeln, lauschen ihnen beim "Wort zum Sonntag" und betrachten manche von ihnen, etwa Margot Käßmann, als spirituelle Wortführer im Lande. Doch es ist gerade 40 Jahre her, dass Frauen auch in der Rheinischen Landeskirche mit ihren männlichen Amtskollegen rechtlich gleichgestellt wurden. Daran erinnert nun eine sehenswerte Ausstellung im Foyer des Bildungszentrums Moers, Wilhelm-Schroeder-Straße 10. Der Titel lautet "Pionierinnen im Pfarramt".

Die gestrige Einführung hielt Irene Diller, Theologische Referentin der Gender- und Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sie schlug einen Bogen vom Jahr 1908 - damals erhielten Frauen in Preußen das Recht, Universitäten zu besuchen - bis 1975. Was sie zu erzählen hatte, war teilweise verblüffend. Die Männerkirche machte den Frauen jeden Schritt zur Gleichstellung so sauer wie möglich. Als "Vikarinnen" durften sie anfangs lediglich "zuarbeiten" und die Herren im Talar "entlasten". Statt einer richtigen Ordination gab es für Theologinnen nur eine Einsegung. Erst mit der "Bekennenden Kirche", der sich in den 30er Jahren die meisten weiblichen Geistlichen anschlossen, gab es gewisse Fortschritte, etwa bei der Vermittlung der Sakramente, obwohl es auch in diesen Kreisen noch konservative Stimmen gab.

Manches in der Ausstellung lässt den Besucherden Kopf schütteln, andere Tafeln verleiten eher zum Lachen, etwa die krampfhaften Versuche, eine betont weibliche Amtstracht zu schaffen - der männliche Talar war lange Zeit für die Frauen tabu, das "Beffchen", die weiße Halsbinde, sowieso. Stattdessen mussten die Damen einen wenig kleidsamen weißen Kragen tragen.

Solche Kleiderfragen mögen heute höchstens noch ulkig wirken, doch die Ungleichbehandlung der Pastorinnen griff bis tief in ihr Privatleben ein. Faktisch galt bis 1973 für die Pfarrerinnen das Zölibat. Während ihre männlichen Amtskollegen Amt und Familie problemlos verbinden konnten, mussten die Frauen ihr Amt abgeben, sobald sie vor den Altar traten. Und erst 1974 wurde den Gemeinden das Recht genommen, Amtshandlungen von Frauen im Pfarramt einfach abzulehnen.

Noch 1992, als Maria Jepsen Bischöfin der Nordelbischen Kirche wurde, sorgte das für Schlagzeilen - sie war die erste Bischöfin der lutherischen Kirche weltweit, ein Zeichen, dass sich in der deutschen evangelischen Kirche doch viel bewegt hatte.

Wer mehr über das Thema wissen möchte, findet im Internet unter www.ekir.de/gender unter anderem Interviews mit "Pionierinnen" wie Superintendentin i. R. Hannelore Häusler oder Oberkirchenrätin i. R. Gisela Vogel, die über ihren Werdegang berichten.

(s-g)
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