Moers Adolfinum-Literaturkurs wagt sich an Max Frisch

Moers · Heute und morgen stehen die Schüler in "Rot ist Tot" auf der Bühne. Das Stück ist an das Drama "Andorra" angelehnt.

 Generalprobe des Theaterstücks "Rot ist Tot": Heute und morgen stehen die Aufführungen vor Publikum an.

Generalprobe des Theaterstücks "Rot ist Tot": Heute und morgen stehen die Aufführungen vor Publikum an.

Foto: Klaus Dieker

Andri liebt Barblin, die Tochter des Lehrers. Er selber ist dessen Ziehsohn und wird von Barblin wiedergeliebt. Alle drei leben in einem fiktiven Land namens "Andorra", in dem die Menschen sich selber gerne als "gemütliche Leute" bezeichnen. Genau die richtige Voraussetzung für eine romantische Liebesgeschichte vor idyllischer Kulisse, sollte man meinen. Wenn da nicht gleich neben Andorra ein Volk von Judenhassern wohnen würde, und wenn der Lehrer gleich von Anfang an die Wahrheit gesagt hätte, nämlich dass Andri sein unehelicher Sohn und kein von ihm jenseits der Grenze heldenhaft gerettetes Judenkind ist ...

Das von dem Schweizer Dramatiker Max Frisch verfasste Bühnenstück "Andorra" lieferte dem letztjährigen Literaturkurs des Moerser Gymnasiums Adolfinum den Stoff für ein Theaterstück, das in dieser Woche gleich zweimal, und zwar heute und morgen jeweils um 19.30 Uhr, unter dem Titel "Rot ist Tot" in der frisch renovierten Aula der Schule zu sehen sein wird. Gut ein Jahr lang haben die insgesamt 17 jungen Schauspieler Max Frischs Stück zunächst gelesen, diskutiert sowie interpretiert und ihm dann schließlich mit einer Mischung aus Dialogen, Chor-, Musik und Tanzeinlagen eine ganz neue, eigene Dramaturgie gegeben. Dabei war ihnen das in der Originalfassung vordergründig beschriebene Thema der Judenverfolgung anfangs noch recht "theoretisch" vorgekommen. Dass es darin auch auf beeindruckende Weise darum geht, wie mit entsprechender Hasspropaganda aus "gemütlichen" Menschen selbstgerechte Mitläufer werden, ist ihnen erst während der Gestaltung des Stückes so richtig deutlich geworden. Dazu kamen die in den vergangenen Monaten immer häufiger werdenden Medienberichte über Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte.

"Irgendwie wurde das Stück im Laufe der Zeit für mich immer aktueller", beschreibt die 18-jährige Helen Hornung ihr ganz persönliches Aha-Erlebnis. Einige ihrer Mitspieler nicken dazu bestätigend. Dennoch, so berichtet Claudia Landes, die das Stück als Lehrerin und Regisseurin mit der Gruppe einstudiert hat, sei die Rolle des Andri anfangs alles andere als begehrt gewesen. Er wird als vermeintlicher Jude schon in jungen Jahren in eine von Vorurteilen geprägte Rolle gedrängt, aus der er sich auch dann nicht mehr befreien kann, als er die Wahrheit über seine echte Herkunft erfährt. In "Rot ist Tot" wird seine Rolle daher wechselweise von vier verschiedenen Darstellern übernommen, die jeweils durch ein rotes T-Shirt mit der Rückenaufschrift "Opfer" gekennzeichnet sind.

Auch sonst setzt die Aufführung stark auf plakative Farb- und Lichteffekte, während sie sich bei der Kulisse auf eine große Schiefertafel beschränkt, auf der immer wieder neue, mit Kreide geschriebene Begriffe wie "Frieden", "Freiheit", "Menschenrechte", aber auch "Opferjude" erscheinen.

Für Regisseurin Claudia Landes ist das Stück ihre letzte Theaterarbeit mit Schülern eines Adolfiner Literaturkurses. Sie geht nach 28 Jahren am Moerser Adolfinum in diesem Schuljahr in Pension.

Das an das von Max Frisch geschriebene Drama "Andorra" angelehnte Theaterstück "Rot ist Tot" wird am 26. und 27. August, jeweils ab 19.30 Uhr, in der Schulaula, Wilhelm-Schroeder-Straße 4, aufgeführt. Karten zum Preis von vier Euro für Jugendliche und 4,99 Euro für Erwachsene gibt es vorab telefonisch unter 02841 9080430 oder an der Abendkasse.

(sabi)
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