Mönchengladbach Zum Geburtstag eine Schule in Syrien

Mönchengladbach · Die stellvertretende Leiterin des städtischen Kulturbüros, Barbara Volkwein, verzichtete zum runden Geburtstag auf Geschenke. Stattdessen initiierte sie eine Crowdfunding-Aktion und sammelte so 22.000 Euro für ihr Hilfsprojekt.

 Dank Barbara Volkweins Hilfsaktion können in Syrien Kinder zur Schule gehen.

Dank Barbara Volkweins Hilfsaktion können in Syrien Kinder zur Schule gehen.

Foto: Barbara Volkwein

Barbara Volkweins schönstes Weihnachtsgeschenk steht seit neun Monaten in Syrien, hat gut 22.000 Euro gekostet und war ursprünglich ein Geburtstagsgeschenk. "Zu meinem 50. Geburtstag wollte ich keine Geschenke, sondern suchte Unterstützer, um ein Hilfsprojekt zu realisieren", sagt Barbara Volkwein, die als stellvertretende Leiterin des Kulturbüros und Programmbereichsleiterin für kulturelle Bildung an der Volkshochschule Mönchengladbach arbeitet. Beim Weihnachtsessen mit Social-Media-Aktiven im vergangenen Jahr erzählte sie von ihrer Idee und bekam Zuspruch, obwohl das Unterfangen zunächst sehr gewagt klang: Der Bau einer Schule in Syrien.

Schulen seien in dem blutigen Konflikt immer wieder ins Fadenkreuz genommen worden. Unterricht finde daher zum Teil nur noch in den privaten Räumen von Lehrerinnen und Lehrern statt, die sonst nicht mehr arbeiten könnten, weiß sie. Außerdem würden vermehrt in den Flüchtlingslagern außerhalb Syriens provisorische Schulen organisiert, aber die Neueinrichtung einer Schule im Krisenherd wagen die Wenigsten. "Wenn die jungen Leute dort vor Ort keine Bildung bekommen, dann ist diese Generation und damit das Land selbst verloren", sagt Volkwein.

Sie selbst ist vor Jahren durch Syrien gereist, sie kennt Damaskus, Aleppo, Rakka und viele andere Städte, lange bevor der Bürgerkrieg ausbrach - und sie lernte die Menschen dort schätzen, sammelte Erfahrungen, die sie antrieben, ihre Idee zu verwirklichen. Mit dem Verein Syrienhilfe fand sie einen verlässlichen Kooperationspartner, mit dem sie vor vier Jahren schon einmal ihm Rahmen eines Benefizkonzertes zusammengearbeitet hatte. Initiiert wurde der Verein unter anderem von Wissenschaftlern, Künstlern und Ingenieuren, die vernetzt sind mit Hilfskräften in Syrien, denen es aus verschiedenen Gründen verwehrt ist, das Land zu verlassen. Helfen - anonym und kontinuierlich - dieses Motto bietet dem Verein und vor allen den Menschen vor Ort ein Minimum an Sicherheit bei der Arbeit.

Doch das brachte auch die nächste Schwierigkeit in das Schulaufbau-Projekt: Wer Spenden sammeln will, aber weder Fotos von den Menschen, denen geholfen werden soll, noch Bilder von dem Ort, an dem die Schule stehen soll, zeigen kann, hat es schwer. "Viele Leute wollen nicht für etwas spenden, was sie nicht sehen können", stellt Barbara Volkwein fest. Dennoch startete sie eine Kampagne auf einer Crowdfunding-Plattform im Internet, über die man mit kleinen oder großen Beträgen die Idee unterstützen konnte.

Anders als bei einer klassischen Spendenaktion müssen beim Crowdfunding ein Zeitlimit und ein Schwellenbetrag genannt werden, um das vorgestellte Projekt zu realisieren. Wird dieser nicht rechtzeitig erreicht, bekommen die Unterstützer ihr Geld zurück, und das Projekt ist gescheitert. Ausgehend von einer Liste mit allem, was gebraucht wurde vom Mobiliar über Schulessen bis hin zum Schulcomputer, rechnete Volkwein aus, was das Projekt kosten würde: 22.000 Euro.

Dann startete sie die Aktion auf einer sozialen Crowdfunding-Plattform. "Das erste Drittel der Kampagne-Zeit lief gut, dann brach die Unterstützung ein", erinnert sich Volkwein. In ihrer Freizeit investierte sie drei bis vier Stunden pro Tag in das Projekt, beantwortete Mails und Briefe, führte Telefonate und rührte die Werbetrommel. Dann kam eine anonyme Einzelspende von 6000 Euro. Das motivierte die Leute. In den sozialen Medien teilten mehrere Prominente aus der Musikbranche ihr Projekt. Am Ende der Kampagnenlaufzeit sammelte Volkwein mit 223 Unterstützern 23.530 Euro.

Die so finanzierte Schule - einen Namen hat sie nicht - liegt in der Nähe der Stadt Idlib. 79 Jugendliche haben im Sommer bereits einen Schulabschluss gemacht. Obwohl die Schule bereits weitere Klassenräume in Betrieb genommen hat und in zwei Schichten unterrichtet wird, gibt es viel mehr Anmeldungen als Plätze. Sie wird stückweise erweitert, die Angestellten dort bekommen nun etwas Geld für ihre Arbeit. "Mein Traum ist Wirklichkeit geworden", sagt Barbara Volkwein und fügt hinzu: "Vor Weihnachten versuche ich auf jeden Fall, nochmals für Spenden zu werben."

Wer sich über das Projekt informieren möchte, findet es mit weiter führenden Links unter www.gemeinschaftscrowd.de/syrienschule.

(RP)
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