Mit Norbert Bude Wir müssen die Parolen der AfD jetzt entlarven

Mönchengladbach · Der ehemalige OB Norbert Bude (SPD) über sein Leben nach dem Amt, die Reaktion der Wähler auf die Flüchtlingskrise und die Karnevalsorden für die nächste Session.

Mit Norbert Bude: Wir müssen die Parolen der AfD jetzt entlarven
Foto: Knappe,Joerg (jkn)

Herr Bude, Sie sind seit 2014 nicht mehr Oberbürgermeister. Wie sehr nehmen Sie noch am aktiven politischen Leben teil?

Norbert Bude Nur noch im Kopf als politischer Mensch und innerhalb der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik, deren Vorsitzender ich noch bis April bin. Ich habe keine andere aktive Position inne und strebe sie auch nicht an, auch nicht als Landtagskandidat oder Ähnliches. Ich habe mich über 30 Jahre in der Politik engagiert, jetzt habe ich einen neuen Weg gefunden. Mein Ehrenamt als Präsident der Awo hat natürlich auch eine sozialpolitische Dimension.

Wie eng sind heute noch die Kontakte zur Politik in Mönchengladbach? Sucht man Ihren Rat? Werden Sie zu Gremiensitzungen eingeladen?

Bude Nein, ich habe ja keine Funktion mehr in der Mönchengladbacher SPD. Und zwar ganz bewusst. Ich habe nach meinem Ausscheiden als OB ein halbes Jahr gebraucht, damit emotional abzuschließen, aber ich habe jetzt meinen Weg gefunden, es geht mir gut. Meine Arbeit macht mir Spaß, aber ich habe auch genügend Freizeit.

Früher waren Sie als OB ständig im Einsatz: Wie sieht heute Ihr berufliches und privates Leben aus?

Bude Ich habe mich selbstständig gemacht und berate Kommunen bei Organisationsuntersuchungen. Außerdem biete ich Coaching für Bürgermeister an. Da ist die Nachfrage noch etwas verhalten, weil solche Angebote noch eher selten sind, aber ich weiß aus Erfahrung, wie notwendig es für Bürgermeister ist, die tägliche Arbeit sinnvoll zu priorisieren und zu strukturieren. Hier kann ich einiges von dem weitergeben, was ich gelernt habe. Außerdem berate ich Firmen, die für Kommunen tätig werden wollen. In Mönchengladbach berate ich nicht, führe aber gerne interessierte Investoren an die Stadt heran. Ich bin so beschäftigt, dass ich täglich zu tun habe, aber nicht von Termin zu Termin haste. Ich wähle mir meine Aufträge sorgfältig aus.

Und im Freizeitbereich?

Bude Da ist zum einen das Ehrenamt. Ich bin Vorsitzender des Präsidiums der Awo Mönchengladbach und auch im Bezirksvorstand tätig. Zudem bin ich bekanntlich im Karneval aktiv und Vorsitzender der Prinzengarde der Stadt Mönchengladbach. Dazu kommen noch die Hobbys. Ich spiele Fußball im FC Rotstift. Und ich habe mit dem Reiten angefangen und reite mittlerweile nahezu täglich aus. Mein Pferd heißt Keks, ich habe es von Freunden übernommen.

Sie sind ein politischer Mensch. Wie war Ihre erste Reaktion, als Sie die ersten Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gehört haben?

Bude Es war im Vorfeld klar, dass die Ergebnisse schwierig werden würden. Aber es hat mich schon geschockt. Das Abschneiden der SPD ist in zwei Bundesländern katastrophal ebenso wie das Erstarken der AfD insgesamt. Es macht mich traurig, dass in einem Land mit so viel Bildung wie unserem solche dumpfen Parolen verfangen können. Es sind sicher viele Menschen zur Wahl gegangen und haben ihr Kreuz aus Protest gemacht, ohne viel nachzudenken.

Ist es richtig, dass die SPD die Diskussion mit AfD-Vertretern in Talkshows meidet?

Bude Ich halte das für eine konsequente und richtige Haltung. Sonst stärkt man die AfD nur, indem man ihr ein Forum bietet. Die AfD ist keine Lösung, sondern das Problem. Ich würde mit den AfD-Politikern nicht diskutieren, wohl aber mit den Wählern.

Ist die AfD eine temporäre Erscheinung? Oder wird die Partei dauerhaft Fuß fassen?

Bude Ich gehe davon aus, dass die Partei nicht von Dauer ist. Es gibt meiner Meinung nach zwei Möglichkeiten: Entweder sie entzaubert sich selbst, weil sie eine vernünftige Arbeit in den Landtagen nicht leisten kann. Oder in der inhaltlichen Arbeit wird ihre Rechtslastigkeit oder gar ihr Rechtsextremismus für den Wähler deutlich erkennbar. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Auseinandersetzung mit der AfD in Nordrhein-Westfalen nicht erst im Wahlkampf im nächsten Jahr beginnt, sondern bereits zum jetzigen Zeitpunkt. Jetzt müssen die Diskussionen geführt und die AfD-Parolen entlarvt werden. Es muss deutlich werden, dass die AfD eben keine Alternative ist.

Das Ergebnis für Ihre Partei, die SPD, war in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg katastrophal. Was läuft schief in der SPD?

Bude Als Partei wollen wir immer Regierungsverantwortung übernehmen, aber als Junior-Partner in einer Koalition wird man schlecht wahrgenommen. Wir werden auch über Köpfe reden müssen.

Ist Sigmar Gabriel der richtige Kanzlerkandidat?

Bude Wir haben noch ein Jahr Zeit bis zur Aufstellung des Kanzlerkandidaten. Aber ich denke, wir sollten und müssen mit Sigmar Gabriel in den Wahlkampf. Er ist manchem zu sprunghaft, und ich denke auch, dass er klarere Positionen dauerhaft beziehen sollte. Ich kenne ihn durch meine Arbeit in Berlin persönlich. Er ist ein intellektueller Kopf und kann Menschen für sich gewinnen.

Wie bewerten Sie die Arbeit der GroKo in Mönchengladbach? Da ist die SPD übrigens auch Junior-Partner.

Bude Ich habe die GroKo noch mit verhandelt und hatte den festen Glauben, dass nur eine große Koalition die laufenden wichtigen Prozesse erfolgreich umsetzen kann. Und das bewahrheitet sich. Es kommen auch neue Ideen dazu wie die Sauberkeitsoffensive. Wichtig wäre es, die im Koalitionsvertrag stehenden SPD-Ideen ein Stück weit mehr herauszuarbeiten. Dazu gehört beispielsweise der Ausbau der Betreuung und der wichtigen Quartiersarbeit.

Kann der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende Felix Heinrichs der kommende OB-Kandidat der SPD werden?

Bude Ich halte es für falsch, nach meinem Ausscheiden persönliche Urteile über Felix Heinrichs, Herrn Schlegelmilch oder OB Reiners abzugeben. Ich werde mich dazu bestimmt nicht äußern.

Sie sind Präsident der Awo. Wie erleben Sie das soziale Leben in Mönchengladbach? Überall ist zu hören, dass es mit der Stadt bergauf geht. Spiegelt sich das im Sozialen wider?

Bude Wir müssen uns weiterhin um die Menschen intensiv kümmern, die trotz positiver Entwicklung in der Stadt ihre persönliche Situation nicht aus eigener Kraft verbessern können. Es kommen zwar durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze weniger Menschen in prekären Verhältnissen hinzu, aber es gibt dennoch eine große Anzahl von Bürgern, die in solchen Verhältnissen leben. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Menschen in ihren Quartieren vielfältige Angebote zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nutzen können wie zum Beispiel unsere Begegnungsstätten. Sie schützen Menschen vor der Isolation, sind aber eindeutig unterfinanziert. Das muss sich schnellstmöglich verbessern.

Sie sind mit Barbara Gersmann in der nächsten Session das Prinzenpaar der Stadt . . .

Bude . . . sind wir das neue Prinzenpaar? Dazu hören Sie von mir keine Bestätigung. Als Vorsitzender der Prinzengarde bin ich aber mit meinen Vorstandskollegen schon voll in den Planungen der nächsten Session, zum Beispiel mit den ersten Entwürfen des neuen Ordens.

GABI PETERS, ANGELA RIETDORF UND DIETER WEBER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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