Hartmut Wnuck Wir haben Dienstleistungsleidenschaft

Mönchengladbach · Der Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse erklärt, warum die Bank Filialen zusammenlegt und trotzdem auf Wachstum setzt, wo die Sparkasse investiert und warum sie in Härtefällen künftig auch Kunden Geld nach Hause bringen wird.

 Hartmut Wnuck setzt für die Stadtsparkasse auf nachhaltiges, qualitatives Wachstum. Man behalte die wachsenden Stadtteile im Blick, um die Filialen dort gegebenenfalls zu erweitern.

Hartmut Wnuck setzt für die Stadtsparkasse auf nachhaltiges, qualitatives Wachstum. Man behalte die wachsenden Stadtteile im Blick, um die Filialen dort gegebenenfalls zu erweitern.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Warum stellen Sie Ihr Filialnetz neu auf?

Hartmut Wnuck Unser Filialnetz ist in seiner Struktur seit 40 Jahren nahezu unverändert. Es stammt aus der Zeit, als die Sparkassen von Gladbach, Rheydt und Wickrath zusammenwuchsen. Seither hat sich die Stadt erheblich verändert, das Umfeld in manchen Stadtteilen ist längst ein anderes. Vor allem aber hat sich das Verhalten unserer Kunden verändert. Sie erwarten heute mehr denn je umfassende Serviceleistungen rund um ihre Finanzen und das nicht nur vor Ort in der Filiale, sondern zunehmend bequem und sicher von zuhause oder unterwegs. Darüber hinaus gibt es einen steigenden Beratungsbedarf. Unsere Kunden wollen in Zeiten, in denen zum Beispiel Altersvorsorge und Vermögensaufbau viel komplexer sind als früher, bestmögliche persönliche Beratung in ihrer Nähe. Darauf stellen wir uns ein: Mit einer Gesamtstrategie, von der ein flächendeckendes Filialnetz ein wesentlicher Teil ist und auch bleibt.

Ist das nicht mehr ein Spar- als ein Optimierungsprozess?

Wnuck Unsere Strategie setzt auf nachhaltiges, qualitatives Wachstum. Wir wollen unsere Marktposition sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkundengeschäft stärken und ausbauen. Insofern passt es gut zusammen, dass unsere Stadt mit mg+ ebenfalls eine anspruchsvolle Zukunftsstrategie verfolgt. Unsere Ziele werden wir aber nur mit effizienten Strukturen und optimierten Prozessen erreichen. Insofern verfolgen wir begleitend eine Effizienzstrategie. In unserem Leitbild steht ein Begriff, der mir besonders gefällt: Dienstleistungsleidenschaft. Wir wollen unsere Kunden mit umfassenden und modernen Service- und Beratungsleistungen begeistern. Man muss aber realistischerweise sagen: Die hierzu notwendigen hohen Investitionen in den Ausbau digitaler Leistungsangebote, in eine moderne Ausstattung unserer Filialen und in die deutliche Aufstockung unserer Beraterteams können wir nur leisten, wenn wir vorhandene Optimierungspotenziale konsequent realisieren. Wir sparen somit ausdrücklich nicht an unserem größten Pfund, das wir haben: unseren Mitarbeitern. Deren Fachwissen und Professionalität in der Beratung brauchen wir mehr denn je.

Gehört zu bestem Service nicht auch, möglichst nah bei den Kunden zu sein?

Wnuck Unbedingt! Die Nähe zu unseren Kunden ist der wichtigste Baustein unserer Strategie. Aber dies geht über die räumliche Nähe hinaus. Nähe heißt auch, Mitarbeiter der Sparkasse über die Öffnungszeiten der Filialen hinaus erreichen zu können. Dafür sorgt künftig unser zentrales Kundenservicecenter, das wir in unserer Hauptstelle am Bismarckplatz aufbauen. Zunächst 15, im weiteren Ausbau dann bis zu 25 unserer Mitarbeiter, werden viele Services rund um Konten, Karten und Verträge per Telefon, E-Mail oder Chat schnell und unkompliziert bearbeiten. Nähe heißt auch, den Großteil der Bankgeschäfte bequem und sicher online abwickeln zu können. Und Nähe heißt, ohne Wenn und Aber, in unseren Filialen die Kunden umfassend persönlich zu beraten. Dafür brauchen die Filialen aber eine bestimmte Größe.

Wonach haben Sie entschieden, welche Filialen Sie zusammenlegen?

Wnuck Wir haben die Entwicklung der einzelnen Stadtteile umfassend analysiert: Wo gibt es ein funktionierendes Geschäftsleben, Ärzte, einen Markt? An welchen Stellen in der Stadt wollen wir präsent sein, weil dort viele Menschen vorbei kommen? Und dann haben wir unsere eigenen Daten dazu genommen: Wie viele Kunden haben wir in den einzelnen Stadtteilen? Wie oft kommen sie in unsere Filialen? Daraus haben sich unsere Entscheidungen abgeleitet. Wenn ich sage, dass wir Filialen zusammenlegen, bedeutet das auch: Wir müssen zum Teil neue Standorte finden, an denen wir uns größer aufstellen können. Wenn wir auf die Entwicklung der Stadt schauen, gehört zu unserem Konzept auch die Frage: Wo müssen wir erweitern, weil der Stadtteil erkennbar wächst?

Und was ist mit der Oma mit dem Rollator, die Bargeld braucht?

Wnuck Auch das war ein wichtiges Entscheidungskriterium: Wie groß ist die Entfernung zur nächsten Filiale? Für Härtefälle bieten wir künftig einen mobilen Service an. Wir bringen das Geld dann nach Hause. Auch das machen, genau wie den telefonischen Kundenservice, unsere Mitarbeiter, nicht Fremdfirmen. Im Übrigen: Natürlich gibt es solche Fälle, wie Sie ihn schildern, weil man zum Geldabholen aus dem Haus muss. Ihre restlichen Bankgeschäfte regeln auch viele Senioren inzwischen zunehmend gerne online.

Wie viele Ihrer Kunden wickeln ihre Bankgeschäfte digital ab?

Wnuck Rund 90 Prozent aller Buchungen erfolgen beleglos bzw. online. Knapp 50 Prozent aller Konten sind für das Online-Banking frei geschaltet. Die Wachstumsraten sind weiter enorm. Im Schnitt sind rund 13.000 Kunden täglich auf unserer Internet-Seite. Rund 25.000 nutzen das elektronische Postfach. Das zeigt eindeutig, dass unsere Kunden diese Angebote schätzen. Die stärksten Zuwachsraten haben wir beim Mobile Banking. Immer mehr Menschen möchten von ihrem Handy aus ihr Konto verwalten. Mit den Sparkassen Apps ist das unkompliziert und sicher möglich.

Online kann ich rund um die Uhr agieren. Und wann erreiche ich die Sparkassen-Mitarbeiter persönlich?

Wnuck Das ist ein wichtiges Thema. Unser zentrales Kundenservicecenter wird ab Frühjahr 2017 zunächst von montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr erreichbar sein; das ist aber sicher nicht der letzte Schritt. Wir denken darüber nach, dieses Angebot noch deutlich auszuweiten, zum Beispiel bis 22 Uhr oder auch am Wochenende. Solche Zeiten können wir allerdings nicht ausschließlich mit eigenen Mitarbeitern gewährleisten. Dafür müssten wir mit einem Dienstleistungspartner aus unserer Sparkassenfinanzgruppe zusammenarbeiten. Die Entscheidung darüber ist allerdings noch nicht gefallen. Hierzu ist noch eine konkrete Bedarfsanalyse notwendig.

Wie sieht die Filiale der Zukunft aus?

Wnuck Unsere Pilotfiliale ist die in Windberg, die wir in diesem Jahr umbauen. Es gibt mehr Beratungszimmer mit hochmoderner Technik und für das Service- und Kassengeschäft stehen Dialogplätze zur Verfügung. Die traditionellen Kassen wird es nicht mehr geben. Darüber hinaus wird das Selbstbedienungsangebot erweitert. Wir werden Geldautomaten installieren, an denen auch Einzahlungen möglich sind. Zusätzlich wird ein Serviceterminal neben der Möglichkeit Überweisungen zu tätigen weitere Funktionen wie eine Adressenänderung bieten.

Gilt das auch für die großen Filialen?

Wnuck Ja, das gilt sogar für die Hauptstelle am Bismarckplatz, die wir ab 15. Januar 2017 umbauen.

Wie haben die Mitarbeiter Ihre neue Strategie aufgenommen?

Wnuck Ich bin sehr angetan von der Veränderungsbereitschaft unserer Mitarbeiter. Als wir im November 2015 den Prozess gestartet haben, waren 820 Mitarbeiter einen ganzen Samstag in unserer Hauptstelle, um sich über die anstehenden Herausforderungen und Veränderungen zu informieren. In den vergangenen Wochen haben wir in sechs Abendveranstaltungen für unsere Mitarbeiter die Neuausrichtung unseres Hauses konkretisiert und erläutert. Die Resonanz war sehr positiv. Der Personalrat hat den ganzen Prozess konstruktiv begleitet und unterstützt das Gesamtpaket uneingeschränkt.

RALF JÜNGERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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