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Mönchengladbach Wie ein Wunder

Mönchengladbach · Vor mehr als 30 Jahren finanzierte die Mönchengladbacher Aktion Friedensdorf die rettende Operation für die damals zwei Jahre alte Jolanta Maria. Sie hatte eine Fehlbildung der Speiseröhre. Jetzt sagt die Familie mit einer Spende nochmals: Danke.

 Ein Wiedersehen nach 30 Jahren: Franziska Suffenplan-Goebels, Helmut Goebels, Jolanta Kaniewska, sitzend: Rudolf Meuser, dahinter Michel Meuser, Zbigniew Kaniewski und Anna Kaniewska

Ein Wiedersehen nach 30 Jahren: Franziska Suffenplan-Goebels, Helmut Goebels, Jolanta Kaniewska, sitzend: Rudolf Meuser, dahinter Michel Meuser, Zbigniew Kaniewski und Anna Kaniewska

Foto: Isabella Raupold

Am 31. Mai 1983 wird in der polnischen Stadt Pila ein kleines Mädchen geboren: Jolanta Maria. Die Eltern Anna und Zbigniew Kaniewski, beide Ärzte, freuen sich über die Geburt der anscheinend gesunden Tochter. Doch schon einen Tag später kommt der Schock - das Kind hat keine durchgehende Speiseröhre. Es kann keine Nahrung zu sich nehmen. In Polen kann diese Fehlbildung damals nicht operiert werden. Nur die Ernährung über eine Magensonde ist möglich. Die Eltern sind verzweifelt, bis Hilfe aus Mönchengladbach kommt.

Mönchengladbach: Wie ein Wunder
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Heute ist Jolanta Maria eine gesunde junge Frau, hat Germanistik studiert und arbeitet als Assistentin der Geschäftsführung eines Möbelhauses. Dass sie in der Vorweihnachtszeit mit ihren Eltern in den Räumen der Aktion Friedensdorf sitzt und eine Spende übergibt, ist einer Reihe von glücklichen Umständen oder auch wunderbarer Fügung zu verdanken, je nachdem wie man es sehen will.

In den 80er Jahren trennt noch der Eiserne Vorhang Ost- und Westeuropa, aber als Polen 1982 unter einer schweren Wirtschaftskrise zu leiden beginnt, beschließt die Mönchengladbacher Initiative Aktion Friedensdorf, mit Hilfsgütern Unterstützung zu leisten. 1982 und 1983 gehen mehrere Transporte nach Scheidemühl, dem heutigen Pila. Helmut Göbels, einer der Gründer der Initiative, ist selbst bei der Übergabe der Hilfsgüter mit dabei. "Wir hatten Spenden für ein Kinderheim, eine Schule und ein Internat dabei", erinnert sich Helmut Göbels. "An der DDR-Grenze hatte es Schwierigkeiten gegeben, und wir mussten um Mitternacht beide Lkw komplett entladen. Aber in Pila wurden die Hilfsgüter begeistert entgegengenommen." Und so entsteht über die Internatsleiterin der Kontakt zu Jolantas Familie. "Wir wussten damals nicht mehr weiter", erzählt Zbigniew Kaniewski, Jolantas Vater. "Jola war nur notfallmäßig versorgt worden und wurde über die Magensonde ernährt." Die Aktion Friedensdorf nimmt sich des Falls an.

Helmut Göbels kann in Erfahrung bringen, dass in Köln mit Dr. Gharib ein Chirurg arbeitet, der Erfahrung mit und Erfolg in solchen Fällen hat. Die Initiative beschließt, die gesamten Kosten für die Behandlung zu übernehmen. Nachdem der Kampf um die erforderlichen Genehmigungen mit den polnischen Behörden bestanden ist, reisen die Eltern mit der kleinen Tochter nach Köln. Die Vorbereitungen für die Operation sind langwierig, denn die vorhandenen Teile der Speiseröhre müssen gedehnt werden, eine schwierige und zeitaufwändige Aufgabe, die Jolas Vater übernimmt. Schließlich wird in zwei Operationen die Speiseröhre geschlossen. "Diese chirurgische Leistung ist ein wahres Kunstwerk", sagt Zbigniew Kaniewski, selbst Chirurg. "Und wie durch ein Wunder ist es nicht zu Komplikationen gekommen."

Dann muss Jolanta das Essen lernen. Sie, die seit ihrer Geburt nicht gegessen und auch nichts geschmeckt hat. "Es war ein Kampf", sagt ihre Mutter. "Einmal ist ihr noch ein Stück Wurst im Hals steckengeblieben, aber als sie zwei Jahre alt war, war es geschafft." Jolanta kann wie ein gesundes Kind aufwachsen. Sie muss beim Essen ein bisschen vorsichtiger sein, aber die Lebensqualität ist nicht eingeschränkt.

Für die Behandlung hat die Aktion Friedensdorf mehr als 50.000 Euro aufgebracht, alles aus Spendenmitteln der Gladbacher Unterstützer. Das Ganze hatte damals für Aufsehen und bundesweite Berichterstattung gesorgt, liegt aber mehrere Jahrzehnte zurück. Umso überraschter ist Helmut Göbels, als die Familie Kaniewski wieder Kontakt aufnimmt. "Ich war sehr verblüfft und erfreut", sagt Göbels, der daraufhin in seinem Archiv kramte und die gesamte Berichterstattung, Rechnungen und Belege vorfindet. Und am vierten Adventssonntag sitzen alle beieinander und tauschen Erinnerungen aus. Diesmal aber überreicht Familie Kaniewski eine Spende - zur Erinnerung an die geglückte Rettung. Die Spende wurde anlässlich des 60. Geburtstages von Jolantas Vater gesammelt. 2000 Euro sind so zusammengekommen.

"Ich habe auch Kollegen auf die Aktion Friedensdorf aufmerksam gemacht, die nun ebenfalls spenden wollen", erklärt Zbigniew Kaniewski.

Damit die menschenfreundliche Arbeit der Mönchengladbacher Initiative, die von Christen beider Konfessionen getragen wird, weitergehen kann.

(RP)
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