Mönchengladbach Wenn Tante Emma vorfährt

Mönchengladbach · Einmal pro Woche kommt ein restaurierter Citroën 9CV mit Obst und Gemüse zu den städtischen Altenheimen.

 Anita Russo bedient aus ihrem renovierten Citroën 9CV heraus ihre Kundinnen Doris Kirschstein und Hilde Bunk am Altenheim Windberg.

Anita Russo bedient aus ihrem renovierten Citroën 9CV heraus ihre Kundinnen Doris Kirschstein und Hilde Bunk am Altenheim Windberg.

Foto: Isabella Raupold

"Haben Sie die Möhren auch einzeln?", fragt die alte Dame. Anita Russo nickt. "Dann nehme ich zwei. Die hier, die sind dünner und beißen sich besser." Äpfel und Bananen wandern auch noch in den Einkaufskorb am Rollator, dann macht sich die Kundin wieder auf den Rückweg in ihr Zimmer im Altenheim Windberg. Anita Russo wendet sich dem nächsten Kunden zu, der vor dem historischen, in Rot und Gelb leuchtenden Lieferwagen steht. Die Mitarbeiterin der Sozial-Holding verkörpert sozusagen Tante Emma, sie macht sich mit dem nostalgisch anmutenden Wagen, einem Citroën 9CV, der zum Verkauf von Obst und Gemüse dient, auf zu den städtischen Altenheimen.

Mit dem Tante-Emma-Laden, der auf Tour geht, knüpft die Sozial-Holding an Erinnerungen an, die die meisten alten Menschen in sich tragen. Erinnerungen an die Zeiten, als Milch- oder Eierwagen, Gemüsehändler oder sogar die Sparkasse regelmäßig mit ihrem rollenden Angebot ins Dorf oder Viertel kamen. "Dieses Einkaufserlebnis soll Bewohnern der städtischen Altenheime zurückgegeben werden", erklärt Helmut Wallrafen, Chef der Sozial-Holding.

Geboren wurde das Projekt Tante-Emma-Lädchen aus dem Wunsch von Mitarbeiterinnen und Bewohnern des Altenheimes Windberg heraus, ungeschälte Kartoffeln zu bekommen, um sie selbst für die Mahlzeiten vorzubereiten. "So etwas hatten wir in der Zentralküche gar nicht, also kam erst ein Bauer und lieferte die Kartoffeln", erzählt Helmut Wallrafen. Daraus entstand die Idee, die Altenheime durch einen rollenden Tante-Emma-Laden zu beliefern. Der Laden hat dabei, was die Altenheime ohnehin benötigen, nämlich frisches Obst und Gemüse. Die Betreuungsassistentinnen können mit den Bewohnern zusammen die für die Wohngruppe oder Etage benötigten Produkte vor der Tür einkaufen. "Das ist bei Bewohnern mit Demenz auch therapeutisch gedacht", sagt Wallrafen. Zusätzlich können die Senioren Obst und Gemüse für ihren persönlichen Bedarf kaufen: Äpfel, Bananen, Salat, Radieschen. Auch an andere Produkte wird bereits gedacht. "Wenn jemand regelmäßig den Kicker haben möchte oder eine Zeitung, warum sollte ihn der Tante-Emma-Wagen nicht mitbringen", sagt der Geschäftsführer der Sozial-Holding. Auch Zahnbürsten und andere Hygieneartikel des täglichen Bedarfs kann Tante Emma dabei haben. Nur bei Zigaretten, wie es ein Bewohner vorschlägt, schüttelt Wallrafen energisch den Kopf.

Von März bis Oktober soll der Nostalgiewagen regelmäßig die Altenheime ansteuern. Dann geht's bis zum nächsten Frühling in den Winterschlaf. Da er mit einer kompletten Küche ausgestattet ist, kann er auch bei Sommerfesten oder Grillaktivitäten eingesetzt werden.

(RP)
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