Mönchengladbach Wenn das Herz seinen Rhythmus verliert

Mönchengladbach · Vorhofflimmern: Vor allem ältere Menschen leiden darunter, wenn bei ihnen das Herz aus dem Takt gerät. Dann ist Hilfe dringend notwendig. Vor allem die Ursache der Herzrhythmusstörungen muss ermittelt werden. Ein Erfahrungsbericht.

 Hildegard Kremer landete mit Herzrhythmusstörungen in der Notausnahme des Franziskushauses. Für die RP hat sie aufgeschrieben, wie es ihr dort erging.

Hildegard Kremer landete mit Herzrhythmusstörungen in der Notausnahme des Franziskushauses. Für die RP hat sie aufgeschrieben, wie es ihr dort erging.

Foto: Jana Bauch

Der Volksmund nennt es Herzklabastern. Gemeint ist eine Herzrhythmusstörung, manchmal ist es das Vorhofflimmern. Es kann jeden treffen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen. Dazu gehöre ich. Mich hat es getroffen.

Tatort eins Das Schlafzimmer gegen halb zwei Uhr nachts. Angeklagt: mein Herz. Es hatte seinen normalen Rhythmus verloren. Der Puls hoppelte kreuz und quer wie ein gejagter Hase. Was war los? Verdacht auf Herzinfarkt? Ich war ratlos. Und ich hatte Angst. Mein Mann wählte die 112. In weniger als zehn Minuten kamen zwei Rettungssanitäter von der Feuerwehr. Sie beruhigten mich. Das Elektrokardiogramm (EKG) zeigte total ungleichmäßige Kurven und den gedruckten Befund: Vorhofflimmern.

Tatort zwei Die Notaufnahme im Franziskushaus. Wieder ein EKG, Befund: Tachyarrhythmia absoluta. Für den Laien: schnelles Vorhofflimmern. Als erstes bekam ich drei verschiedene Tabletten. Wunderpillen, so schien es mir. Denn nach weniger als einer halben Stunde hatte mein Herz seinen (fast) normalen Rhythmus wieder entdeckt. (Spontankonversion in den Sinusrhythmus, hieß es im Entlassungsbrief). Nach Hause? Nein. denn die Ärzte und auch ich wollten wissen, warum mein Herz aus dem Takt geraten war. Damit begann eine dreitägige Diagnosedramaturgie.

Notaufnahme Vier Stunden verbrachte ich hier. Verkabelt, mit Übertragung von Blutdruck und Puls auf einen Überwachungsmonitor. Ich kam in eine Überwachungsstation, verkabelt, zum Liegen verdonnert. Vorgewarnt vom diensttuenden Arzt in der Notaufnahme wusste ich: Das Franziskushaus ist über seine Kapazität hinaus belegt. Ein Bett in einem Zimmer sei zur Zeit nicht verfügbar. Ich war froh, meine "Tachyarrhythmia absoluta" in kompetente Hände geben zu können und fühlte mich trotzdem gut aufgehoben.

Am späten Abend hieß es dann "Zimmer frei". Hinauf auf die Station 2H in ein Dreibettzimmer. Ich blieb weiterhin, diesmal mobil, verkabelt. "Telemetrie" hieß das Stichwort.

Es ist eine Diagnostik, bei der EKG-Signale drahtlos per Funk in die Zentrale des Schwesternstützpunktes übertragen werden. "Ob nachts jemand wirklich kontrolliert?", fragte ich mich. Beweislage positiv. Mitten in der Nacht ging die Tür zum Krankenzimmer auf und eine leise Stimme fragte besorgt: "Alles in Ordnung? Ihr Puls ging plötzlich in die Höhe." Entwarnung. Es war der Gang zur Toilette.

Tag zwei im Franziskushaus. Im Drehbuch standen Sonografie und Lungenszintigrafie. Sonografie, also Ultraschall des Herzens, das kannte ich. Auf dem Monitor sah ich ein sich bewegendes, pumpendes Etwas. Der Arzt brummte zufrieden vor sich hin: durchgehender Sinusrhythmus. Heißt: nichts Bedrohliches zu sehen. Dann die Lungenszintigrafie. Warum? Weil sich beim Vorhofflimmern ein Blutgerinnsel bilden kann, das im schlimmsten Fall zu einer Lungenembolie führt. Wieder wurde ich im Bett durch die langen Gänge des Franziskushauses geschoben, wobei ich lernte, dass es Kompetenzunterschiede gibt. So lange ich verkabelt war, durfte mich nur eine Fachkraft schieben. Im Untersuchungsraum angekommen, starrte mich ein silbergraues Ungetüm mit schwarzem Tunnnelauge an. Ich kam mir vor wie im Abteibergmuseum vor einer rätselhaften Skulptur. Dieses nukleare technische Meisterwerk würde gleich mit seinen "Armen" dreißig Minuten um mich herum kreisen, um das Innenleben meiner Lunge aufzuzeichnen mit der Frage, ob Durchblutungsstörungen der Lunge vorliegen. Ergebnis: alles in Ordnung.

Tag drei Angekündigt war eine Katheteruntersuchung des Herzens. Eine Spritze auf dem Nachttisch, ein sexy Krankenhaushemdchen am Bett und die Anordnung "nüchtern bleiben" signalisierten mir, dass es bald losgehen würde. Fehlanzeige. Zunächst hieß es Echokardiografie. Beim "Echo" sah ich auf dem Bildschirm nicht viel, aber ich hörte es. Mein Herz trompetete seltsam gurgelnde Töne. Ursache: Die Herzklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader schließt nicht mehr vollständig. "In Ihrem Alter ist das aber nichts Bedrohliches", sagte der Arzt. Es dauerte, bis ich zur Herzkatheteruntersuchung in den OP-Saal geschoben wurde. "Wir hatten zwei Notfälle, einen mit Wiederbelebung. Seien Sie froh, dass es bei Ihnen nur eine Untersuchung ist", hieß es.

Eine Koronarangiographie (Herzkatheteruntersuchung zur Kontrolle der Herzkranzgefäße) hatte ich schon einmal erlebt, damals mit dem Schlauch durch die Leiste. Jetzt ging alles einfacher. Schlauch durchs Handgelenk. Ich spürte, wie sich ein Fremdkörper bis zum Herzen vorschob, aber ohne Schmerzen. Dann die erlösende Nachricht: alles okay, Adern frei. Die Einstichstelle am rechten Handgelenk bekam eine feste, aufpumpbare Plastikbandage. Ich durfte aufstehen, essen, schlafen. Bis eine Nachtschwester etwas Luft, sprich Druck aus dem Plastikarmband nahm. Da spritzte mein rotes Blut auf die Erde. Also den Druck wieder erhöhen.

Der Tag der Entlassung Die Stationsärztin entferne das Armband. Wieder warten. Ich hatte Zeit. Zeit, mich zu erinnern, dass es im ärztlichen Untersuchungsbereich ruhig, , sachlich und kompetent zuging. Anders auf der Station. Auch kompetent, aber vermischt mit spürbarem Stress bei den Pflegekräften. Hier machte sich, besonders in einer überbelegten Station, der Pflegekräftemangel hörbar bemerkbar. Die Flure eine Rennbahn, weil's eilte und klingelte. Eine Meisterleistung, trotzdem freundlich zu bleiben und die Übersicht zu behalten.

(RP)
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