Mönchengladbach Was, wenn Oma auf dem Markt stürzt?

Mönchengladbach · Mit einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung kann jeder für den Ernstfall des Lebens vorsorgen. Um diese brisanten Themen ging es beim RP-Ratgeberabend "Alles was Recht ist" im Kaisersaal von Haus Erholung.

Mönchengladbach: Was, wenn Oma auf dem Markt stürzt?
Foto: dpa-tmn

Eine Person an diesem Abend wird besonders im Gedächtnis bleiben: Oma Käthe, 91-jährige Wanloerin mit einem Häuschen am Schweinemarkt. Sie stürzt, wird ins Krankenhaus eingeliefert - und dann müssen Entscheidungen getroffen werden. Wer stimmt der Operation zu, wer kümmert sich um die Immobilie, wo wird Oma Käthe nach der Reha leben? Anhand dieser fiktiven, aber einprägsamen Figur erläuterte Rechtspfleger Peter Krenzel die Aufgaben des Betreuungsgerichts, eines "sehr behutsamen Gerichts", wie er betonte.

 Beim Ratgeberabend ging es um Patientenverfügungen.

Beim Ratgeberabend ging es um Patientenverfügungen.

Foto: dpa, Detlef Ilgner

Krenzel war einer der Referenten, die im Rahmen der RP-Ratgeberreihe "Alles was Recht ist" über die Themen Betreuung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung informierten. Wie stets, wenn dieser Themenkomplex auf dem Programm steht, war der Andrang immens. Mehr als 350 Teilnehmer füllten den Kaisersaal im Haus Erholung bis zum letzten Platz.

Am erdachten Beispiel der alten Dame, die bisher allein in ihrem Haus in Wanlo lebte, nun aber nach einem Unfall ins Krankenhaus eingeliefert wird und zunächst nicht ansprechbar ist, zeigte der Rechtspfleger auf, was geschieht, wenn keine Vorsorgevollmachten vorliegen. Dann nämlich schickt der behandelnde Krankenhausarzt den Angehörigen, im Beispielfall Schwiegersohn Günter, zunächst einmal zum Amtsgericht nach Rheydt (oder entsprechend nach Gladbach), denn die Patientin muss rechtlich vertreten werden. Der Operation muss zugestimmt werden, später muss sich jemand um das Haus kümmern, eventuell Strom und Wasser abmelden oder Zugang zum Konto haben. Deshalb wird vom Betreuungsgericht im Allgemeinen ein Angehöriger, notfalls aber auch ein Profi, als Betreuer eingesetzt. Der Betreuer wird in sein Amt eingeführt, aber auch weiter vom Betreuungsgericht überwacht. Ein Verkauf der Immobilie beispielsweise muss genehmigt werden. Schwiegersohn Günter kann nicht einfach an Enkel Christian verkaufen, wenn Oma Käthe das nicht will. "Ein alter Mensch verliert seine Rechte nicht", unterstrich Krenzel. Der oder die Betreute werde immer angehört, die Meinung selbstverständlich berücksichtigt.

Die Einsetzung eines Betreuers durch ein Gericht kann man jedoch vermeiden, wenn man selbst rechtzeitig einen Bevollmächtigten bestimmt. Und zwar durch eine Vorsorgevollmacht, die sinnvollerweise alle persönlichen, rechtlichen, gesundheitlichen und finanziellen Angelegenheiten umfasst. "Der Umfang der Vollmacht sollte so weit wie möglich gehen, damit sie im Ernstfall auch greift", erklärte Referent Thomas Schultz, Notar in Mönchengladbach.

Der Bevollmächtigte unterliegt keiner gesetzlichen Kontrolle wie der Betreuer, deshalb sollte man natürlich nur jemanden bevollmächtigen, zu dem man uneingeschränktes Vertrauen hat. Wichtig sei es, so der Notar, dass der Bevollmächtigte auch in finanziellen Belangen handeln, also ein Haus verkaufen oder eine Wohnung kündigen kann. Um für den Vollmachtgeber handeln zu können, muss der Bevollmächtigte aber das Original der Vollmacht oder die notarielle Ausfertigung vorlegen. Erst wenn er sie besitzt, ist er handlungsfähig.

Eine umfassende Vorsorgevollmacht erstreckt sich auch auf gesundheitliche Belange, ersetzt aber nicht eine Patientenverfügung. "Mit der Patientenverfügung verfügt eine Person für den Fall eigener Entscheidungsunfähigkeit zeitlich im Voraus, ob und welche medizinische Behandlungen durchgeführt werden", erklärte Axel Schröder vom Amtsgericht Rheydt. Die Patientenverfügung ist bindend, das Problem liegt aber im Detail. Je präziser die Beschreibung der Behandlungssituation, desto besser.

Alles aber lässt sich nun mal nicht vorhersehen und formulieren. Deshalb gebe es leider keine hundertprozentige Verbindlichkeit; die Behandlungssituation sei zu vielgestaltig, sagte Thomas Jaeger, Chefarzt der Geriatrie des Elisabeth-Krankenhauses. Er betonte auch, dass die Patientenverfügung zwar bindend sei, vom Patienten selbst aber mündlich jederzeit aufgehoben werden könne. "Ein Wandel der Einstellung ist gar nicht so selten", sagte der Arzt. "Manchmal stellt man fest, dass man auch mit Einschränkungen leben kann." Musterformulare für Patientenverfügungen halten zum Beispiel das Justizministerium des Landes NRW und die Bundesärztekammer bereit.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort