Mensch Gladbach Warum lassen Stadt und Politiker Kunden und Wähler im Stich?

Mönchengladbach · Was rund um die Citykirche, in der Altstadt und an der Waldhausener Straße passiert, ist schlimm. Noch schlimmer ist es, wenn niemand hilft. Eine mögliche Folge: Die Bürger wenden sich ab. Und das wäre das Schlimmste.

Den Begriff "Wutbürger" habe ich auch lange verwendet. Er ist ja so wunderschön plakativ und scheinbar treffend, wenn sich erregte Menschen gegen irgendetwas auflehnen. Heute mag ich das Wort "Wutbürger" nicht mehr. Es ist zu pauschalierend, zu undifferenziert, wird vor allem dem Anliegen vieler Menschen nicht gerecht. Die Choleriker, die sich im Besitz der vermeintlich einzig gültigen Wahrheit wähnen und daraus unumstößliche, meist martialische Lösungen ableiten, diese Menschen sind mir nicht geheuer. Vielleicht sind das "Wutbürger".

Ich habe in den vergangenen Wochen mehrfach mit Menschen zusammengesessen, die vorschnell als "Wutbürger" bezeichnet werden könnten. Sie wohnen rund um die Citykirche, in der Altstadt und an der Waldhausener Straße. Alle eint die Tatsache, dass sie seit Monaten massiven Belästigungen ausgeliefert sind: Pöbelnde Jugendliche, grölende Betrunkene und Randalierer machen ihnen das Leben zur Hölle. Er habe so gerne hier gewohnt, würde aber lieber heute als morgen wegziehen. Doch dafür sei er zu alt, sagte mir ein trauriger Rentner. Und nette ältere, gepflegte Damen erzählten, wie schön das Umfeld ist - ja, wenn denn die negativen Begleitumstände nicht wären. Sind das "Wutbürger"?

Was sie ärgerlich macht, ist vor allem eins: Sie finden niemanden, der ihnen hilft. Und leider ist das so. Die Polizei versucht's, aber sie ist eigentlich nicht zuständig. Das städtische Ordnungsamt müsste, tut es aber nicht, weil der einst so gefeierte Kommunale Ordnungsdienst permanent unterbesetzt ist. Und wenn man nachfragt, hört man, dass bedauerlicherweise gerade die Hälfte aller zwölf Stellen unbesetzt ist. Wegen Krankheit. Oder weil es nicht gelungen ist, neue Kräfte zu finden. Und wenn sich Politiker einschalten, dann erklären sie sogleich vollmundig, dass dies untragbar sei und sie an allerhöchster Stelle im Polizeibeirat . . . Bla, bla, blub. Die Reaktionen ihrer Volksvertreter machen die Menschen sauer. Wenn sie in ihrer Hilflosigkeit niemanden haben, der ihnen den rettenden Strohhalm hinhält. Obwohl es möglich wäre. Ist das, so frage ich mal provokativ, dann unterlassene Hilfeleistung?

Unsere Politiker haben etwas gemacht, was für die Stadt sehr wichtig ist: Sie tragen das Modell der "Wachsenden Stadt" als Leitlinie voll mit und haben für zusätzliche Stellen gesorgt, damit die Arbeit bewältigt werden kann. Aber die Spitzen von CDU und SPD - die Betonung liegt auf "Spitzen" - sollten beim Kommunalen Ordnungsdienst endlich Durchgreifendes tun, damit wieder Ruhe auf den Straßen herrscht. Sonst überlassen sie die Meinungsführerschaft da politischen Kräften, die so gerne vereinfachen.

Ach ja, das kostet Geld. Und wir sind ja Stärkungspakt-Kommune, müssen ganz, ganz vorsichtig wirtschaften. Richtig. Das Gegenargument: Die Stadtverwaltung hat viele Kunden. Das sind die Bürger. Sie bezahlen mit ihren Abgaben das System. Und können dann auch erwarten, dass es funktioniert.

(RP)
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