Mönchengladbach Vermeintliche Messerattacke: Gericht spricht Flüchtling frei

Mönchengladbach · Schüchtern und hilfesuchend saß der aus Albanien stammende Angeklagte neben seinem Verteidiger. Der Albaner musste sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwältin warf dem Angeklagten vor, am 2. April 2014 in einem Flüchtlingsheim in Viersen-Bockert in das Nachbarzimmer, in dem damals eine Familienparty stattfand, gestürmt zu sein und dort ein Messer eingesetzt zu haben. Der Albaner wohnte damals in dem Übergangswohnheim. Unaufgefordert habe er den Nachbarraum betreten und drei Männer mit dem Küchenmesser leicht an den Armen und am Bauch verletzt. Doch der Angeklagte hatte den Fall ganz anders geschildert. Er habe in Notwehr gehandelt. In dem Nachbarzimmer seien die Partygäste alkoholisiert und sehr laut gewesen. "Ich war ein paarmal nebenan und habe gebeten, die Musik etwas leiser zu machen. Unsere Kinder waren krank", ließ der Angeklagte vom Dolmetscher übersetzen. Doch die Mitbewohner hätten nicht reagiert, sie hätten die Musik sogar noch etwas lauter gestellt. Alles sei ganz anders gewesen - diese Männer seien auf ihn losgegangen. Mit dem Messer habe er in Notwehr gehandelt.

Polizeibeamte, die damals in das Flüchtlingsheim gekommen waren, konnten nicht viel zur Aufklärung beitragen. In dem Heim seien auf engem Raum viele Menschen verschiedener Nationen untergebracht gewesen. Ein Dolmetscher sei nicht vorhanden gewesen. Es habe laute Diskussionen in bestenfalls gebrochenem Deutsch gegeben, so die Polizeibeamten.

Die Ermittlungen waren schwierig. Zu Beginn war die Rede von drei Opfern. Aber bald stand von dem Trio nur noch ein Mann als Zeuge zur Verfügung. Die anderen zwei Männer waren bereits nach Mazedonien abgeschoben worden und nunmehr unbekannten Aufenthalts. Die Staatsanwältin hatte am Ende wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten mit Bewährung für den Angeklagten gefordert. Doch nach dem Plädoyer des Verteidigers Ingo Herbort, der für seinen Mandanten Freispruch gefordert hatte, sprach das Gericht den Familienvater auf Kosten der Staatskasse frei. Der Angeklagte habe sich in Notwehr mit dem Messer bewaffnet, so die Richterin in der Urteilsbegründung.

(RP)
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