Interview mit Hanna Masuhr Umtausch ist kein Verbraucherrecht

Mönchengladbach · Die Leiterin der Verbraucherzentrale Mönchengladbach, Hanna Masuhr, erklärt den Unterschied zwischen Umtausch und Widerruf, worauf man bei Gutscheinen achten muss und was sich im neuen Jahr für Verbraucher ändern wird.

 Hanna Masuhr, Leiterin der Verbraucherzentrale, sagt, was Verbraucher jetzt beachten müssen.

Hanna Masuhr, Leiterin der Verbraucherzentrale, sagt, was Verbraucher jetzt beachten müssen.

Foto: Knappe,Joerg (jkn)

Weihnachten ist vorbei und der große Ansturm auf die Geschäfte setzt noch einmal ein. Viele der Beschenkten wollen ihre Geschenke umtauschen, zum Beispiel, weil sie mehrmals das selbe Spiel bekommen haben oder weil der Pullover nicht passt. Worauf müssen sie achten?

Masuhr Viele Verbraucher glauben, dass sie ein Recht auf Umtausch oder Rückgabe haben. Das stimmt erst mal so nicht. Der Umtausch ist im Gesetz nicht verankert. Kulante Händler, und das sind die meisten, machen aber keine Probleme und nehmen Ungebrauchtes zurück. Aber das ist kein Recht, auf das der Verbraucher pochen kann. Schon gar nicht kann der Kunde darauf bestehen, das Geld zurückzubekommen. Das regelt jeder Händler selbst: Die einen erstatten den Kaufpreis, die anderen geben Gutscheine aus, die dritten tauschen Ware gegen Ware.

Und wenn ich beim Kauf mit dem Händler ausgemacht habe, dass die Ware umgetauscht werden kann?

Masuhr Dann sollte man das auf dem Kassenzettel festhalten lassen. Auf dem Kassenzettel ist übrigens auch oft vermerkt, wenn der Umtausch nur gegen andere Ware erfolgen kann.

Viele Verbraucher verstehen nicht, dass sie bei Online-Käufen ihr Geld problemlos zurückbekommen, beim Einzelhändler vor Ort aber nicht.

Masuhr Das liegt daran, dass beim Online-Handel in der Regel ein vierzehntägiges Widerrufsrecht existiert. Das ist etwas anderes als ein Umtausch. Im Allgemeinen sind aber die Händler vor Ort sehr kulant und kommen dem Kunden weitgehend entgegen. Wir hören insgesamt von wenig Problemen.

Wenn man als Schenkender das Problem des Umtauschens umgehen will, greift man oft zum Gutschein. Wie lange ist ein Gutschein eigentlich gültig?

Masuhr Grundsätzlich ist ein Gutschein drei Jahre lang gültig, aber er kann auch befristet sein. Dann kann er nur in der angegebenen Zeit gegen Ware eingetauscht werden. Ist diese Frist abgelaufen, ist er aber nicht wertlos. Innerhalb der drei Jahre nach Ausstellung muss der Händler dann den Wert auszahlen, jedoch kann er dabei seinen Gewinn abziehen. Wie viel der Kunde dann allerdings zurückbekommt, hängt von der Gewinnmarge des Händlers ab.

Und was passiert, wenn ein Geschenk tatsächlich einen Mangel aufweist?

Masuhr Dann kann man natürlich reklamieren. Der Händler hat als erstes die Möglichkeit, innerhalb einer angemessenen Zeit nachzubessern, das heißt, zu reparieren, wenn das möglich ist. Er kann auch Ersatz leisten. Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit der Minderung. Wenn das alles nicht funktioniert, kann man die Ware zurückgeben und erhält auch das Geld zurück. Wichtig ist bei all dem, dass man erstens die Kaufbelege aufbewahrt und zweitens die Reklamation auch schriftlich festhält.

Was muss man beim Onlinekauf bei Reklamationen und Rücksendungen beachten?

Masuhr Viele Kunden denken, dass es für einen Widerruf reicht, die Ware zurückzuschicken. Das ist aber nicht so. Ich muss den Widerruf auch schriftlich machen. Wenn ich wirklich sicher gehen will, schicke ich ihn per Einschreiben mit Rückschein. Man kann auch per Email widerrufen, aber dann sollte man sich den Empfang der Mail bestätigen lassen. Die Versandkosten kann ich als Kunde bei Widerruf zurückverlangen, die Kosten der Rücksendung kann der Händler dem Kunden aufbrummen. Wichtig ist, so viele Unterlagen wie möglich aufzuheben, Kopien zu machen und Belege aufzubewahren.

Nehmen wir mal an, Oma schließt für ihren Enkel zu Weihnachten einen Handyvertrag ab. Kann der Enkel wieder aus dem Vertrag aussteigen?

Masuhr Grundsätzlich ist derjenige gebunden, der den Vertrag abgeschlossen hat, in diesem Fall also die Oma. Wenn der Vertrag in einem Telefonladen abgeschlossen wurde, ist die Kündigung erst nach der angegebenen Laufzeit möglich. Wurde der Vertrag online abgeschlossen, gilt wieder das vierzehntägige Widerrufsrecht.

Aber Onlinekäufe können auch ihre Tücken haben.

Masuhr Ja, beispielsweise wenn ich mich durch einen Schnäppchenpreis ablenken lasse und gleich noch eine Versicherung mit abschließe. Das kann dann noch teuer werden.

In vier Tagen beginnt das neue Jahr. Mit welchen Problemen und Fragen kommen die Menschen erfahrungsgemäß im Januar in die Verbraucherzentrale?

Masuhr Im letzten und im ersten Monat des Jahres werden viele Jahresprämien fällig. Viele entdecken dann, dass sie mit ihrem Budget nicht hinkommen und suchen Rat. Aber auch ganz generell können wir empfehlen, den Jahreswechsel zu nutzen und mit der Führung eines Haushaltsbuches zu beginnen. Dann überblickt man seine Einnahmen und Ausgaben leichter und hat seine Finanzen besser im Griff.

Was ändert sich 2016 für Verbraucher?

Masuhr Bekanntlich haben die Krankenkassen angekündigt, ihre Zusatzbeiträge zu erhöhen. Damit haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht. Sie können bis zum Ende des Monats kündigen, an dem der Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird. Allerdings sollten Verbraucher ihre Krankenkasse nicht ausschließlich nach dem Preis auswählen, sondern auch auf die Leistungen achten.

Im Laufe des Jahres werden verschiedene rechtliche Änderungen in Kraft treten, zum Beispiel das Recht auf ein Girokonto.

Masuhr Ja, endlich passiert, was die Verbraucherzentralen schon lange fordern. Spätestens im September 2016 muss eine entsprechende EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. werden. Dann hat jeder ein Recht auf ein Girokonto und ist nicht mehr vom Wohlwollen der Banken abhängig. Es gibt im Finanzbereich noch eine weitere Änderung: Die Banken brauchen für die Freistellungsaufträge in Zukunft die Steueridentifikationsnummer der Kunden. Auch das Kindergeld wird nur noch ausgezahlt, wenn diese ID vorliegt.

Auch bei den Immobiliendarlehen wird sich etwas ändern. Das unendliche Widerrufsrecht, das bisher bei einigen fehlerhaften Verträgen galt, wird aufgehoben.

Masuhr Dabei geht es um ältere Verträge, die falsche Widerrufsbelehrungen beinhalteten. Durch diesen Fehler waren solche Verträge unendlich widerrufbar, der Kunde braucht sich nicht zu beeilen. Das soll nun geändert werden. Jeder, der glaubt, dass sein Vertrag betroffen sein könnte, sollte das jetzt zügig rechtlich prüfen lassen.

ANGELA RIETDORF FÜHRTE DAS INTERVIEW MIT HANNA MASUHR.

(RP)
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