Mönchengladbach Textilhaus Beeten: 125 Jahre gut gekleidet

Mönchengladbach · Das Unternehmen an der Hauptstraße feiert Geburtstag. Als Geschäft für Tuche und Maßanfertigungen gegründet, wurde es nach dem Krieg wieder aufgebaut. Seit jeher spiegelt das Textilhaus dabei auch ein Stück Rheydter Leben.

 Seit 125 Jahren ist das Textilhaus Beeten fest im Rheydter (Unternehmer-)Leben verwurzelt. Zurzeit leitet Roland Beeten (Foto, li.) zusammen mit seinem Bruder Hans das Geschäft.

Seit 125 Jahren ist das Textilhaus Beeten fest im Rheydter (Unternehmer-)Leben verwurzelt. Zurzeit leitet Roland Beeten (Foto, li.) zusammen mit seinem Bruder Hans das Geschäft.

Foto: Detlef Ilgner / privat

Es war das Jahr 1890, als Hubert Beeten an der Bahnhofstraße 22 sein Geschäft eröffnete. Der Schneidermeister hatte beschlossen, sich selbstständig zu machen, und verkaufte Tuche und maßgefertigte Bekleidung. Wie viele Unternehmer in der Stadt profitierte er von der florierenden Textilindustrie. An der Ecke zur Langensgasse befand sich das Geschäft in einem eingeschossigen Haus. Den Aufstieg seines Ladens konnte Hubert Beeten nur kurz miterleben. 1903 starb er völlig unerwartet; mit gerade mal 15 Jahren musste sein Sohn Johann in den Betrieb einsteigen. Starke Unterstützung bekam er von seiner Mutter, so dass er Zeit hatte, ebenfalls Schneidermeister zu werden.

Einige Jahre später lernte er Anna Heckers kennen, die im Gladbacher Kaufhaus Abrahams, dem Vorgänger des heutigen Kaufhofs, Textileinzelhandel gelernt hatte. 1918 wurde geheiratet, und die engagierte Geschäftsfrau stieg in den Betrieb ihres Mannes ein. "Das war natürlich optimal. Mein Großvater kümmerte sich um das Geschäft und meine Oma machte den kaufmännischen Teil im Hintergrund", erzählt Roland Beeten. Der Enkel von Johann und Anna Beeten führt das Textilhaus nunmehr in vierter Generation. Anna Beeten überzeugte ihren Mann, das Sortiment zu erweitern, und so kamen Kurz- und Miederwaren in die Produktpalette. Der Sohn Johannes Beeten besuchte in den 30er-Jahren eine Webschule, konnte dort aber nicht seinen Abschluss machen. 1940 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen.

"Das war eine schwere Zeit", sagt Roland Beeten. Rheydt wurde von den alliierten Bomben schwer getroffen. Johannes Beeten geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Als er Heiligabend 1948 nach Hause zurückkehrte, lag sein Geschäft genauso danieder wie viele andere. "Mein Vater hatte eine riskante Idee. Er fuhr an die russische Zonengrenze und schmuggelte warme Socken. Die waren damals Mangelware", erzählt Roland Beeten. Die Schmuggelware verkaufte Johannes Beeten und brachte mit dem Geld das Unternehmen wieder in Schwung. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Johannes es 1952. Weil die Stadt die Langensgasse verbreitern wollte, musste 1955 das Geschäftshaus an der Bahnhofstraße weichen. "Die Hauptstraße lag damals noch völlig in Trümmern. Meine Oma erfuhr, dass das Grundstück an der Hauptstraße 33 zum Verkauf stand. Es gehörte einer jüdischen Familie, die sie gut kannte", erzählt Roland Beeten.

Am 26. November 1955 eröffnete Johannes Beeten das Geschäft an neuer Adresse. Im selben Jahr heiratete er Florentine Schulz. "Da waren sie schon Rheydter Prinzenpaar gewesen. Sie gehörten der Großen Rheydter Karnevalsgesellschaft an", erzählt Roland Beeten. Willy Beines war es, der das Paar damals überredete. 1979 starb Johannes Beeten und seine Frau musste teilhabende Verwandte auszahlen. Auch diesen Einschnitt meisterte das Textilhaus.

1998 stieg Roland Beeten in das Geschäft seiner Mutter ein. Florentine Beeten wurde zum Markenzeichen des Geschäfts. Noch mit 80 Jahren stand sie bei einer Jubiläumssitzung der Großen Rheydter Prinzengarde auf der Bühne. Bis sie 2010 im Alter von 85 Jahren starb, saß sie hinter der Kasse und viele Rheydter kamen, um mit ihr zu plaudern. Seit dem Tod der Mutter führt Roland Beeten das Geschäft. Sein Bruder Hans Beeten ist Teilhaber. 2011 heiratete Roland Beeten Irina Kuk. Mit Mathias und Marianne steht die fünfte Generation in den Startlöchern. Nebenbei engagiert sich Roland Beeten als Prüfer in der Industrie- und Handelskammer und im Rheydter Citymanagement. Ein Familienbetrieb im alten Stil ist das Textilhaus geblieben. Rheydter Leben findet noch immer im Geschäft statt, das ein Treffpunkt ist und in dem man nette Gespräche führen kann. Pünktlich zum 125-jährigen Bestehen gönnt man sich nun eine neue Hausfassade. Gefeiert wird mit geladenen Gästen. Für die Kunden gibt es ab Blumensonntag 12,5 Prozent Rabatt.

(cli)
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