Mönchengladbach Taschenliebe

Mönchengladbach · Lange wusste Lydia Eikenbusch nicht, was sie beruflich machen sollte. Jetzt entwirft und fertigt die Täschnerin in ihrem eigenen Geschäft an der Wallstraße Taschen und Gürtel aus Leder und restauriert alte Modelle.

 Lydia Eikenbusch in ihrer Werkstatt an der Wallstraße: Dort gestaltet sie aus alten Elementen wie dieser Blumen-Stickerei auch völlig neue Taschen.

Lydia Eikenbusch in ihrer Werkstatt an der Wallstraße: Dort gestaltet sie aus alten Elementen wie dieser Blumen-Stickerei auch völlig neue Taschen.

Foto: Detlef Ilgner

Umgeben von Reißverschlüssen, Farbtuben, Garn und jeder Menge farbigem Leder, das über eine Stange gehängt oder aufgerollt im Regal auf seine Verarbeitung wartet, steht Lydia Eikenbusch in der Werkstatt im hinteren Teil ihres Ladens und legt behutsam die Schnitteile für das Innenfutter einer Tasche zurecht, an der sie gerade arbeitet. Die Tasche ist ein ganz besonderes Projekt: Eine Kundin hatte eine alte Gobelin-Tasche in die Eikenbuschs Täschnerei gebracht, auf der - inspiriert von den Wandteppichen der Pariser Gobelin-Manufaktur - ein gesticktes Blumenmotiv zu sehen ist. Da die Tasche in ihrer alten Form nicht mehr genutzt, die Handwerkskunst aber immer noch hoch geschätzt wird, zaubert Lydia Eikenbusch aus schwarzem Leder und der Blumen-Stickerei nun ein ganz neues Stück für ihre Kundin.

Seit drei Jahren ist Lydia Eikenbusch mit ihrer Täschnerei "EikenArt" an der Wallstraße ansässig, wo sie Gürtel, Ringe, Bänder, Schlüsselanhänger und Taschen aus Leder produziert und repariert. Wer ihren kleinen Laden betritt und die vielen Werkzeuge, Lederreste und kleinen Skizzen sieht, weiß sofort: Hier wird noch richtig mit Leidenschaft gearbeitet.

Zum Täschnerhandwerk ist Lydia Eikenbusch aber eher durch Zufall gekommen. "Ich wusste nie genau, was ich beruflich machen wollte", sagt sie. Nach ihrem Abitur verbrachte sie erst drei Jahre in England und dann ein Jahr in Kanada. Als sie bei ihrer Rückkehr nach Deutschland immer noch nicht sicher war, wohin es für sie beruflich gehen sollte, erzählte ihr eine Freundin von freien Ausbildungsplätzen bei der Firma Offermann, einer renommierten Produktionsfirma für Lederwaren. In ihrer dreijährigen Ausbildung zur Feintäschnerin lernte Lydia Eikenbusch alles über die Arbeit mit Leder: von der Verarbeitung der rohen Tierhaut und der Anfertigung von Skizzen auf Pappe bis zur Herstellung der fertigen Tasche. Das weckte ihre Faszination: "Gerber gehören zu den ältesten Berufsgruppen überhaupt. Im Täschner-Handwerk bin ich schließlich angekommen."

Ihr Fachwissen wendet sie seitdem in ihrer eigenen Werkstatt an. An zwei größere Projekte, die ihr aus Städten in ganz Deutschland zugeschickt wurden, erinnert sie sich dabei besonders: "Einmal habe ich für eine Professorin für Tiermedizin eine Hunde-Tasche für den Transport im Flugzeug gemacht. Ein anderes Mal schickte mir eine alte Dame eine Kroko-Tasche, die ich komplett restauriert habe", erzählt Eikenbusch.

Wenn Lydia Eikenbusch selbst Leder für ihre Taschen einkauft, bestellt sie hauptsächlich Rindleder bei ausgewählten Händlern aus Italien, Spanien und Süddeutschland. Alle kennt sie entweder persönlich oder telefonisch und weiß, dass dort nur pflanzlich gegerbt wird. Denn Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil ihrer kleinen Firmenphilosophie: "Viele Kunststoffe benötigen Öl zur Herstellung und müssen auf dem Sondermüll entsorgt werden. Gut gegerbtes Leder zersetzt sich im Boden. Und eine qualitative Ledertasche hält sich auch einfach verdammt lange", sagt Lydia Eikenbusch begeistert.

Ihre Liebe für Altbewährtes zeigt sich auch in der Ausstattung ihres Ladens. Dort findet man neben einem Apothekerschrank in dunkler Holzoptik, bunt zusammengewürfelten Schränken und goldenen Bilderrahmen, die Gürtelschließen liebevoll präsentieren, eine blaue Näh- und eine grüne Schärfmaschine aus den 1960/70er Jahren. Zeitlosigkeit prägt auch ihre Designs: "Ich mag eben Sachen gerne, die man länger mitnehmen kann und die trotzdem Pfiff haben", sagt sie.

Konzentriert schneidet Lydia Eikenbusch nun die Reißverschlüsse für die Innentasche des neuen Gobelin-Unikats zurecht. "Das Innenfutter der Stücke ist häufig das Raffinierteste", erklärt sie. "Aber so eine Tasche ist doch einfach klasse. Da ist so viel Leben drin: Papiere, ganz persönliche Sachen, oder kleine Dinge, die man dort versteckt."

www.EikenArt.de

(RP)
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