Mönchengladbach Steppkes Mondfahrt

Mönchengladbach · Die putzmunteren Darsteller liefern mit Berliner Schnauze und viel Herz eine Revue über eine Traumreise zum Mond ab.

Mönchengladbach: Steppkes Mondfahrt
Foto: Matthias Stutte

Die Operette ist nicht tot, nicht einmal kränklich. Wenn historische Produkte dieser angestaubten musikdramatischen Gattung gefällig upgedatet werden, muss sich niemand sorgen um ihren Fortbestand. Das beglaubigt Ansgar Weigners einfühlsam bewerkstelligte Inszenierung der Paul-Lincke-Operette "Frau Luna", deren Premiere im Theater ausverkauft war.

Schon die potpourrihaft skizzierende Ouvertüre macht klar, dass Alexander Steinitz im Graben mit den Niederrheinischen Sinfonikern dem Opus von 1899 nicht weniger professionelle Zuwendung widmet als einer ernsten Oper. Betörend, voll Eleganz, Wärme und Charme klingen die Kernthemen an, darunter das Walzerlied "Schlösser, die im Monde liegen" und flotte Märsche. Die Phrasierungsbögen atmen wohlige Gelassenheit, transparente Harmonien zünden in den Gehörgängen leuchtkräftig - und vor allem weckt der mitreißende Schwung dieser Musik Begeisterung.

Wir blicken auf eine dicht gestaffelte Front von Hochhäusern, davor duckt sich die kleine Kiez-Kneipe "Im Spree-Athen". Wir befinden uns in Neukölln, das macht der fesch berlinernde Monteur Steppke (Markus Heinrich) gleich klar. Schnauze mit Herz und passendes Milljöh nimmt für das urige Stammtischtrio um den Weltverbesserer Steppke mit dem soignierten Pannecke (Hayk Dèinyan) und dem abgebrochenen Lehrer (Rafael Bruck) ein. Die kesse Wirtin Frau Pusebach (Kerstin Brix) und die flippige "Mieze" (Susanne Seefing), ergänzen das Trio zum quirligen Quintett, aus dem die besonders resolut agierende, revue-erfahrene Kerstin Brix hervorsticht.

Richtig Fahrt nimmt das Stück auf, als Steppke sich im Traum mit seinen Gefährten auf eine Flugreise zum Mond begibt, die von einem selten im Orchester eingesetzten Instrument, dem Waldteufel, mit der Melodie des Wiegenliedes "La-Le-Lu, nur der Mann im Mond schaut zu" untermalt wird. Doch einen Mann im Mond treffen die Reisenden dort nicht an, sondern betreten das glamouröse Reich der Frau Luna. Jürgen Kirner (Bühne) und Marlis Knoblauch (Kostüme) haben die Mondianer in weiße und silbrig glänzende Klamotten gesteckt, deren edles Äußere nicht die sehr menschlichen Schwächen der lunaren Population verdecken: Da ist der hünenhafte Theophil, Leiter einer Putzkolonne "putziger" Elfen, der seine kurze Affäre mit Frau Pusebach gern vor seiner eifersüchtigen Verlobten Stella (Gabriela Kuhn) geheim zu halten trachtet. Da ist der in Operetten-Uniform auftretende halbseidene Prinz Sternschnuppe (Michael Siemon), ein selbstverliebter Buchautor, über den die Boulevardpresse süffisant vermeldet, dass ihm "Frauen schnuppe" seien. Da eilt der lustige "Mondgroom" (Sabine Sanz) per Kinderroller durch die Szene, imponiert "Mars" (Shinyoung Yeo) durch üppige Sumo-Ringer-Figur und parodiert Amelie Müller die Liebesgöttin Venus schreiend grotesk.

Über allem thront würdevoll in einem engen Gold-Bronze-Kleid - Frau Luna. Debra Hays spielt die Mondpräsidentin, die eine "Koalition" mit dem Prinzen ausschlägt, weil sie sich in den handfesten Steppke verguckt hat, mit unübersehbaren Anleihen bei "Mutti" Merkel. Was sie so hinreißend trällert, sind ihre Neujahrsansprachen 2031 und 2032, wie das ovale Guckloch in der Prospektwand verkündet.

Doch bei einer wilden Party mit witzigen Balletteinlagen und dem von Maria Benyumova glänzend eingestellten Theaterchor muss Steppke feststellen, dass die Berliner Luft für ihn und seine Freunde doch bekömmlicher ist als der lunare Firlefanz - und wacht aus seinem Traum auf. Seinen Weltverbesserungsdrang wird er fortan bezähmen und lieber im Kiez für Gerechtigkeit sorgen. Ein gutes Ende.

Nächste Vorstellungen: 24. März; 1., 6., 8., 22., 24. April; 17., 21. Mai; Beginn: jeweils 19.30 Uhr

(ri-)
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