Lokalsport Sarah Schmidt lächelt mit einem Unterton

Kassel · Die LAZ -Athletin wird bei der DM in Kassel Sechste im Finallauf, schafft aber nicht die Norm für Olympia und EM - obwohl sie diese drauf hat.

 Sarah Schmidt (rechts) schaffte in Kassel bei der DM nicht die Norm für die Europameisterschaft und Olympia. Sie hat die Hoffnung auf die Spiele in Rio aber noch nicht aufgegeben.

Sarah Schmidt (rechts) schaffte in Kassel bei der DM nicht die Norm für die Europameisterschaft und Olympia. Sie hat die Hoffnung auf die Spiele in Rio aber noch nicht aufgegeben.

Foto: Wolfgang Birkenstock

Der Vorlauf an diesem Samstagnachmittag ist gerade erst ein paar Minuten alt, da steht Sarah Schmidt vom LAZ Mönchengladbach draußen vor dem Kasseler Auestadion und versucht, diese 800 Meter für sich ins große Ganze einzuordnen. Als Siebtschnellste der beiden Vorläufe hat sich die 19-Jährige zwar vor 13.500 Zuschauern für das Finale der Deutschen Meisterschaften tags darauf qualifiziert, aber die Zeit von 2:06,92 Minuten ist das genaue Gegenteil von dem, was sich die Süchtelnerin vorgenommen hatte. "Natürlich ist es bitter, wenn man weiß, dass man schneller laufen kann und 2:01,50 auch schon mal gelaufen ist, und das wäre ja jetzt die Norm", sagt Schmidt. Sie lächelt, aber sie lächelt mit Unterton.

2:01,50 Minuten - das ist die Norm, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) für die EM in Amsterdam und Olympia in Rio gleichermaßen festgesetzt hat. 2:01,44 - das ist Schmidts Bestzeit aus dem Vorjahr. 2:03,78 - das ist Schmidts Bestwert aus dieser Saison. Ursprünglich lag die Norm bei 1:59,80, und ursprünglich war die Saison 2016 für das LAZ-Talent als Übergangsjahr hin zu den Erwachsenen geplant. Doch als der DOSB im Zuge der Doping-Diskussionen die geforderte Zeit herunter schraubte, änderte sich für Schmidt die Zielsetzung quasi ohne eigenes Zutun. "Als die Norm auf 2:01 gesenkt wurde, haben ja alle gesagt: ,Mensch, das kannst du schaffen!' Und dann steht das natürlich in den Zeitungen. Anfangs ist das auch sehr schön, aber wenn dann auf einmal alles nicht so richtig zusammen passt, ist es schwierig", sagt Schmidt, und man kann ihr in diesem Moment in Kassel beim inneren Hadern förmlich zuschauen.

Schmidt ist spürbar hin- und her- gerissen. So wie es eben eine Sportlerin ist, die ehrgeizig, realistisch und reflektiert zugleich ist. "Für so eine Olympia-Norm muss alles stimmen, und bei mir hat eigentlich ziemlich wenig gestimmt", sagt sie und meint die Fußverletzung, die sie den Winter über bis März von kontinuierlichem Training abhielt. Und sie meint die Trainingsbedingungen an der US-Uni in Georgetown - wo sie Stipendiatin ist -, die zwar auch professionell, aber eben ganz anders sind als die, die sie aus Deutschland kennt. Erst Anfang vergangener Woche kehrte sie nach Deutschland zurück.

All das bremste ihre Erfolgsgeschichte von 2015 aus, als sie Deutsche U20-Meisterin und U20-Vizeeuropameisterin geworden war. Und diese Ausbremsung beschäftigt Schmidt, das gibt sie offen zu. Der Wirbel um ihre Olympia-Chance - letztlich also ein Kopfproblem? "Wahrscheinlich schon. Deswegen versuche ich eigentlich auch, ein bisschen Druck herauszunehmen. Aber es schwingt halt eben mit, gerade nach dem letzten Jahr, wo es ja nur bergauf ging", sagt sie. Bergauf ging es zwar auch im gestrigen Finale, aber mit 2:05,66 Minuten eben auch nur ein bisschen. Rang sechs wurde es damit am Ende.

Ganz aufgegeben hat Schmidt die Spiele in Rio und die Norm dafür aber noch nicht. Bis in den Juli hinein hat sie schließlich noch Zeit, die 2:01,50 zu laufen. Und das will sie versuchen - bei Rennen hierzulande, denn das Semester in den USA ist eh zu Ende. Und in diesen Rennen gilt für Schmidt vor allem eins: "Einfach versuchen, an die eigene Stärke zu glauben", sagt sie. Wie stark (und schnell) sie sein kann, hat sie 2015 bewiesen.

(klü)
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