Mönchengladbach Spielerisch die Geschäftsidee ausgestalten

Mönchengladbach · Beim Workshop nähern sich gründungsinteressierte Frauen ihrem Geschäftsmodell. Und angehende Handwerksmeister erhalten Tipps.

 Mit Playmobilfiguren und Legosteinen skizzierten angehende Unternehmensgründerinnen ihre Ideen und machten Beziehungsgeflechte bei einem Workshop sichtbar. Diese Methode setzt auf spielerische Akzente.

Mit Playmobilfiguren und Legosteinen skizzierten angehende Unternehmensgründerinnen ihre Ideen und machten Beziehungsgeflechte bei einem Workshop sichtbar. Diese Methode setzt auf spielerische Akzente.

Foto: Rietdorf

Die Atmosphäre ist energiegeladen. Frauen stehen und sitzen zusammen, diskutieren Ideen, machen Vorschläge und überlegen gemeinsam. Mit Playmobil-Figuren und Legosteinen werden Geschäftsideen modelliert und Beziehungen dargestellt. Ideen gewinnen auf spielerische Art Realität.

Der Workshop Rapid Prototyping arbeitet mit einer Methode, die auf das spielerische Moment setzt. Angeboten wird er von Female Innovation Hub, einer Initiative rund um Coach Zerrin Börcek, die Unternehmensgründungen durch Frauen fördern will. "Es gibt sehr viele Frauen, die in ihrer Schublade Geschäftsideen haben, die sie nie umsetzen", erklärt sie. "Wir wollen helfen, diese Ideen zu entwickeln, besonders in den Bereichen Neue Technologien und Digitalisierung." Das müsse jetzt geschehen, damit in zehn Jahren auch Frauen in den Zukunftsbranchen gestaltend mit dabei seien.

Andrea Birke, Dozentin für Wirtschaftsinformatik in Düsseldorf, weiß aus der Erfahrung mit den Studierenden, warum Frauen weniger Start-up-Firmen gründen: "Sie sind zu selbstkritisch und haben oft einen zu hohen Anspruch an sich selbst." Sie selbst ist zum Workshop gekommen, um sich mit der Methode des Rapid Prototyping vertraut zu machen. Andere Teilnehmerinnen haben konkrete Ideen mitgebracht. In einer Vorstellungsrunde erzählen die Teilnehmerinnen, was sie an diesem Abend in den SMS-Businesspark geführt hat. Jede skizziert dann schriftlich, was ihr durch den Kopf geht, ohne gleich die innere Schere anzusetzen und Ideen direkt als unrealistisch zu verwerfen. Anschließend finden sich die Teilnehmerinnen in Gruppen zusammen. Da geht es etwa um eine Möglichkeit, Plastikmüll zu reduzieren. Lara studiert Umwelttechnik und Firmenberatung und verfolgt eine konkrete Idee in diesem Bereich. Sie hat sich schon in verschiedenen Einrichtungen informiert und weiß, dass sie vor sehr komplexen Herausforderungen steht. Informatik-Masterstudentin Jenni ist dabei und sagt: "Ich möchte mit meinem Wissen den Umweltgedanken unterstützen. Technik soll dem Menschen dienen." Gemeinsam diskutieren sie die verschiedenen Aspekte von Laras Idee. Anschließend wird das Ganze greifbar: Mit den auf dem Tisch stehenden Playmobilfiguren und den Legosteinen werden Beziehungen dargestellt und Aspekte sichtbar gemacht. Worum geht es, wer ist der Kunde, wer muss mit ins Boot geholt werden?

Auch Johanna ist mit einer Idee gekommen, die mit ihrem Maschinenbau-Studium zusammenhängt und von der nur verraten werden soll, dass es um Fenster, Farben und Fluide geht. In ihrer Gruppe werden Einsatzmöglichkeiten für das Produkt diskutiert, Vorzüge, mögliche Verbindungen mit regenerativen Energien. Am Ende des Abends stehen bunte Spielszenen vor den Teilnehmerinnen, mit denen sie ein Video gedreht haben, um ihre Idee zu verdeutlichen. In einer Abschlussrunde werden diese gezeigt, alle geben ein Feedback. "Dabei werden oft Lücken in der Geschäftsidee entdeckt", sagt Zerrin Börcek. Das Entscheidende aber ist die Dynamik, die sich bei der Methode in den Gruppen entwickelt und die Ideen reifen lässt. Die Initiative "Female Innovation Hub" will sich im SMS-Businesspark ansiedeln, der Raum und Unterstützung für Start-up-Unternehmen hat. Ist dies die Keimzelle für einen weiblich geprägten Gründungsboom in der Stadt?

"Das Thema Handwerk geht in der Gründerwoche vielleicht ein wenig unter", sagt Carola Schneider vom Coworking Space CO 21. "Dabei ist das ein Thema, das uns immer wieder einholen wird. Auch wenn sich Prozesse entwickeln und auch hier Digitalisierung stattfindet - das Handwerk selbst wird bleiben." Da sie aus einer Handwerker-Familie stammt, lag es ihr am Herzen, einen Vortrag für Handwerker zu organisieren, die die Selbstständigkeit in Betracht ziehen. Dazu holte sie Referent Dirk Schadow mit an Bord. Seit 2008 ist er selbstständiger Interimsmanager, gelernter Feinmechaniker, und arbeitet mit der "Akademie Zukunft Arbeit" zusammen.

"Unternehmer, oder solche, die es werden wollen, sollten sich zunächst fragen: Habe ich Ziele? Was ist mein ,Warum'?", so Schadow. "Und das kontinuierlich, jedes Jahr aufs Neue." Wichtig sei die Zielsetzung: Wo und womit will ich mich abheben? Der 26-jährige Malte hat genaue Vorstellungen. Er ist gelernter Mechatroniker für Kälte- und Klimatechnik und will sich in naher Zukunft selbstständig machen. Neben seinem Job macht er in Teilzeit den Meister, anschließend möchte er den Ausbilderschein machen. Er freut sich auf die Selbstständigkeit.

Aber nicht alle jungen Leute denken so positiv, so Schadow. Denn seit 2012 bestehe das Problem: Viele ältere Firmenchefs wollen ihr Unternehmen verkaufen, aber wenige junge Menschen wollen das Risiko einer Übernahme auf sich nehmen. Mit seinen Tipps konnte Schadow auf jeden einzelnen Teilnehmer eingehen. "Selbst wenn am Ende nur zwei Teilnehmer überlegen, ob sie sich nun selbstständig machen oder nicht, war die Veranstaltung schon ein Erfolg", betont er.

(RP)
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