Mönchengladbach Sommermusik startet mit Gaudi und Genuss

Mönchengladbach · Das Festival am Schloss Rheydt feiert seinen zehnten Geburtstag. Die Münchener Freiheit und Barclay James Harvest begeisterten.

Mönchengladbach: Sommermusik startet mit Gaudi und Genuss
Foto: Knappe Jörg

"Habt den Mut Euch selbst zu vertrauen", sagt Tim Wilhelm, Frontmann der Münchener Freiheit zum Beginn des Konzertes. Dieser Satz passt für den Initiator der Sommermusik Schloss Rheydt, Günther vom Dorp, an diesem Abend wie die Faust aufs Auge. Er hatte vor zehn Jahren den Mut, sich selbst zu vertrauen und gab den Impuls zu diesem besonderen Festival, das sich inzwischen etabliert und viele musikalische Größen in die Stadt gebracht hat. Die Organisation hat sich inzwischen zu einem Ganzjahres Job entwickelt, bei dem die ganze Familie involviert ist.

Als Vorband ist Mrs. Greenbird nach Rheydt gekommen. Sahra und Steffen schaffen bereits mit ihrem ersten Song eine Atmosphäre, die fantastisch mit dem Flair des Schlosses harmoniert. Sie singen "Insomniac", ihr Liebeslied an den Kaffee, und "Shooting Stars and Fairy Tales". Das Publikum verabschiedet das Duo mit viel Beifall.

 Links: Die Musiker von Barclay James Harvest hatte ordentlich Spaß auf der Sommermusik-Bühne. Und das zeigten sie auch.

Links: Die Musiker von Barclay James Harvest hatte ordentlich Spaß auf der Sommermusik-Bühne. Und das zeigten sie auch.

Foto: Knappe Jörg

Dann ist es Zeit für die Münchener Freiheit, die unter großem Jubel, gleich mit ihrem Klassiker "SOS ruf mich an" einsteigt und das Publikum zurück in die 80er Jahre katapultiert. Frontmann Tim Wilhelm fegt vom einen Ende der Bühne zum anderen, sucht den Kontakt zum Publikum und hält das Mikro in die erste Reihe. Die erweist sich als sehr Textsicher und ist gut zu hören. "Danke für den warmen Empfang", bedankt sich der Sänger nach dem ersten Song. Der zweite Song ist der eingangs zitierte aus dem aktuellen Album "Mehr". "Neue Freiheit" heißt er. Beim nächsten Titel "Tausend-mal du" wird es romantisch. Inzwischen ist es dunkel geworden, und das Schloss wird farbig illuminiert. Dem Klassiker folgen zwei Titel aus dem neuen Album "Meergefühl und Magnet". Die Fans tanzen auf dem Platz, auf dem Hof und trotzen auch dem Regen. Doch das stört niemanden wirklich. "Seit ihr alle bereit, noch eins Schüppe draufzulegen?", fragt Tim Wilhelm. Na klar ist das Publikum bereit. Mit "Herz aus Glas" präsentiert die Band nach einigen neueren Stücken wieder einen Hit aus den Achtzigern. Zum Ende des Konzertes ist die Stimmung beim Titel "Ohne dich" auf dem Höhepunkt. Alle kennen diesen Song, sie singen mit, Wunderkerzen werden angezündet und Taschenlampen gezückt. Ein wunderbarer Start in die Sommermusik 2016.

Die Musik schien ihre Zuhörer in den Arm zu nehmen. Sie lud zum Träumen ein, streichelte im großzügigen Gestus die Seele und war für viele eine Reise zurück in die eigene Jugend und die große Barclay-Ära. 1200 waren gekommen, um Barclay James Harvest mit Frontman und Mitbegründer John Lees zu hören - nicht mitgerechnet die unglücklichen Fans, die zum größten Teil vergeblich auf der Brücke zum Schloss doch noch Karten zum Konzert zu erhaschen hofften.

Günter vom Dorp hatte beim Gang durch die Reihen viele "Wiederholungstäter" getroffen, von denen er wusste, dass sie zuvor zwanzig Mal und öfter die englische Band live erlebt hatten. Den Besuchern rief er zu: "Entschleunigen Sie sich, und gehen Sie voll rein in die Emotionen!"

Unter dem Motto "Best of Classic Barclay" hatten die Briten Hits aus den frühen Siebzigern, aber auch neue Songs mitgebracht. Zu den Klassikern zählten "Mockingbird", "Poor Man´s Moody Blues", "On Leave" und natürlich "The Hymn". Die Besucher bejubelten Song für Song, genossen auch entspannt den Sound, auf dem die Gedanken und Erinnerungen so wunderbar dahinfließen konnten. Der weißhaarige John Lees ließ beim Singen seinen Part bevorzug versonnen emotional klingen, Bassist und Sänger Craig Fletcher streute hin und wieder eine markigere Gangart ein. Mit Keyboarder Jez Smith und Drummer Kevin Whitehead zelebrierten beide genüsslich das Instrumentalspiel und damit den orchestral geprägten Stil ihrer Musik. So klang etwa das Piano hell heraus und verwandelte den Sound zu Dialogen von Bass und Gitarre über verhalten angelegtem Rhythmus elegisch entrückt.

Für das Gros der Besucher waren die Hits Teil ihrer Jugendzeit, so etwa für Heike. Sie gestand euphorisch: "Die Musik von Barclay James Harvest hat mir geholfen, zu mir selbst zu finden, als ich 16 Jahre alt war. Wenn ich die gehört habe, habe ich Kerzen vor einem Spiegel angezündet. Das war, wie Hermann Hesse lesen". In der wohlig entspannten Atmosphäre einer lauen Sommernacht hatte das Konzert begonnen. Doch kaum, dass John Lees den Song über die Heimat der Band in Nordengland ankündigt hatte, setzte heftiger Regen ein. Der Frontman entschuldigte sich für das "englische Wetter", das die Besucher bis auf die Haut durchnässte. Manche ergriffen die Flucht, doch die Hardliner blieben bis zum Schluss.

(RP)
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