Mönchengladbach Schulabschluss – letzte Chance

Mönchengladbach · Viele Jugendliche, die an der VHS ihren Hauptschulabschluss nachholen möchten, scheitern schon an den geringsten Anforderungen. Nun startet ein Vorkursus, in dem Grundrechenarten und Pünktlichkeit gelehrt werden.

Die Erkenntnis aus den letzten Jahren ist ernüchternd. "Rund 30 Prozent derer, die bei uns ihren Hauptschulabschluss nachholen möchten, brauchen einen Vorkurs, weil es einfach an grundlegenden Dingen fehlt", sagt Bernd Bolle. Er arbeitet als Lehrkraft an der Volkshochschule (VHS), die Kurse für den nachträglichen Hauptschulabschluss anbietet. "Und die Nachfrage ist bedeutend größer als unsere Kapazität", betont Fachbereichsleiter Frank Füser. Doch obwohl die VHS die Kandidaten schon nach ihrer Qualifikation aussucht, sind für einen nicht unerheblichen Teil der Jugendlichen die Anforderungen zu hoch. Deswegen bietet die VHS in diesem Frühjahr erstmals einen Vorkurs an.

Der zwölfwöchige Kurs richtet sich an Jugendliche, die trotz erfüllter Schulpflichtzeit nur den Abschluss der 7. oder 8 Klasse vorweisen können, sowie an Absolventen von Förderschulen oder Abgänger internationaler Klassen. Programmbereichsleiterin Verena Albert hat den Vorkurs konzipiert, in dem vor allem die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Methodentraining auf dem Unterrichtsplan stehen werden. "Wir haben festgestellt, dass dort später die größten Hürden für die Jugendlichen liegen. Es hapert an den einfachen Dingen", erklärt Albert, seit zwei Jahren an der VHS für die Schulabschlüsse zuständig.

Auch Bolle hält den Vorkurs leider für notwendig: "Es ist einfach unmöglich, innerhalb eines Jahres den Hauptschulabschluss nachzuholen, wenn man zunächst viel Zeit dafür benötigt, die Grundrechenarten nochmals zu lernen." Bei den meisten der Teilnehmer läge ein Scheitern aber nicht am Leistungsvermögen, sondern an der Bereitschaft, fügt er hinzu. Auch in diesem Punkt soll die Tauglichkeit der Jugendlichen für den nachfolgenden VHS-Kurs getestet werden. "Es geht um Grundtugenden und soziale Kompetenz. Viele müssen erst wieder normale Tagesstrukturen schaffen", sagt Verena Albert.

Die Volkshochschule, die grundsätzlich zwei Drittel ihrer Kurse zum Schulabschluss selbst finanziert, bietet den Vorkurs kostenfrei an und hat für die Finanzierung einen Sponsor gefunden. "Ich war geschockt, als ich hörte, dass für einen solchen Kurs keine Gelder vom Land zur Verfügung stehen. Wir dürfen die Chance nicht vertun, allen jungen Leuten einen Schulabschluss zu ermöglichen. Und ich hoffe, dass diese Initiative Nachahmer findet", sagt Hans-Peter Ulepic, der Vorstandssprecher der Gladbacher Bank. Das Unternehmen übernimmt die Kosten von 4040 Euro für das Pilotprojekt. "Ausgesprochen bemerkenswert" nennt Frank Füser dieses Engagement, das es den Jugendlichen ermöglicht, sich für den wichtigen Nachfolge-Kurs fit zu machen. "Denn wenn es daran scheitert und der Jugendliche keinen Abschluss hat, ist eigentlich schon die letzte Chance vertan", sagt der Fachbereichsleiter.

(RP)
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