Hells Angels in Mönchengladbach Rocker-Kontakte zu Berliner Großfamilie

Mönchengladbach · Die Hells Angels in Mönchengladbach stehen offenbar in Verbindung mit dem Abou-Chaker-Clan aus Berlin, der wohl berüchtigtsten Großfamilie Deutschlands. Das Landeskriminalamt prüft die Verflechtungen.

Im Internet ist ein Foto aufgetaucht, das den Bekämpfern der organisierten Kriminalität in Nordrhein-Westfalen nicht gefallen dürfte. Die Aufnahme zeigt den Anführer der Hells Angels in Mönchengladbach, Ramin Y., und den Chef der einflussreichsten arabischen Großfamilie Deutschlands, den Berliner A. Abou-Chaker. Die beiden Männer posieren gemeinsam für die Kamera, halten ihre Daumen demonstrativ hoch. Ramin Y. legt den Arm freundschaftlich auf die Schulter von Abou-Chaker. Entstanden sein soll das Bild vor etwa zwei Wochen bei einem Konzert von Rapper Bushido in Oberhausen.

Szenekundige Ermittler bewerten den Schulterschlusss als Verbrüderung zweier mächtiger Gruppierungen der Unterwelt. "Dieses Bild gibt uns zu denken. In der kriminellen Szene ist offenbar etwas in Gang. Da müssen wir aufpassen", betont Erich Rettinghaus, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, als unsere Redaktion ihm das Foto vorlegt. Es scheine so zu sein, dass die Gruppe aus Berlin nun offenbar auch Fuß in NRW fassen wolle, meint er. Die Botschaft, die von dem Bild ausgehen soll, sei auf jeden Fall unmissverständlich, sagt Rettinghaus. "Die Hells Angels in NRW zeigen ihren Feinden damit: ,Seht her. Wir haben Unterstützung aus Berlin.'" Das könne eine einschüchternde Wirkung auf Kontrahenten im kriminellen Milieu haben.

Beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt (LKA) werden diese Verflechtungen zwischen Araber-Clans und Rockern derzeit bei den zuständigen Dienststellen ausgewertet. "Angehörige der Hells Angels als auch verschiedener arabisch-stämmiger Familienclans sind integraler Bestandteil des überregionalen Milieus", erklärt LKA-Kriminalkommissarin Nadja Kwasny. Sie bestätigte, dass es einzelne Kontakte von Angehörigen der Abou-Chaker-Großfamilie zu Angehörigen des kriminellen Milieus in NRW gebe.

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Foto: dpa/Marius Becker

In der Bundeshauptstadt wird der Abou-Chaker-Clan von der Polizei immer wieder mit Delikten im Rotlichtmilieu, Gewalt und Drogen in Verbindung gebracht. A. gilt als Familienoberhaupt. In Berliner Ermittlerkreisen wird er wegen seines Einflusses auch "König der Straße" genannt. Der innere Zirkel der Berliner Großfamilie soll vor allem aus seinen Geschwistern bestehen. Einer seiner Brüder war am spektakulären Überfall auf ein Pokerturnier in einem Hotel am Potsdamer Platz beteiligt.

Ramin Y. hingegen stammt aus Mönchengladbach. Innerhalb kürzester Zeit ist er bei den Hells Angels zu einem mächtigen Anführer aufgestiegen, obwohl er bis Ende 2012 noch Mitglied der verfeindeten Bandidos war. Er war bis dahin sogar Präsident des einflussreichen Bandido-Chapters "MC West Gate", das örtliche Clubs der Bandidos im Rheinland zwischen Kleve, Leverkusen und Oberhausen unter einem Dach vereinte. Dieser gesamte Verband mit rund 30 Vollmitgliedern und geschätzten 70 Unterstützern lief dann im Dezember 2012 zu den Hells Angels über. Ramin Y. gründete bei seinen neuen "Brüdern" zunächst den Oberhausener Charter (Ortsverein) "Hellgate", den er aber verließ, um dann im Juni 2014 das Charter "MG City" in Mönchengladbach zu gründen.

Hells Angels fahren durch Mönchengladbach
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Foto: Detlef Ilgner

Die offenkundige Freundschaft zwischen den Mönchengladbacher Hells Angels und dem Abou-Chaker-Clan fällt in eine Zeit, in der das Rockermilieu in NRW extrem in Bewegung ist und stetig mehr Einfluss im kriminellen Milieu gewinnt. Erst vor wenigen Wochen musste Innenminister Ralf Jäger (SPD) einräumen, dass sich die Zahl der Rocker im Land allein in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht hat. So stieg die Mitgliederzahl bei den Hells Angels von 132 auf 272. Auch die Zahl ihrer Charter (Clubhäuser) wuchs von sechs auf 14. Trotzdem sind die "Höllenengel" nur die drittgrößte Rockergruppierung des Landes. Die größte Rockerbande in NRW sind die Bandidos, bei denen sich die Mitgliederzahl seit 2010 von 296 auf 636 mehr als verdoppelte. Auf dem zweiten Platz liegen "Gremium MC" mit 388 Mitgliedern und elf Standorten in NRW. "Vielleicht auch deshalb zeigen sich die Hells Angels öffentlich mit dem Abou-Chaker-Clan", meint Rettinghaus.

Für Fahnder der organisierten Kriminalität würde es ins Bild passen, wenn der Clan aus Berlin auch "Geschäfte" in NRW betriebe. "Wir haben gerade im Ruhrgebiet einige dieser Großfamilien. Da bestehen bestimmt Kontakte", so ein Ermittler. So wird etwa der Problemstadtteil Duisburg-Marxloh derzeit von drei libanesischen Großfamilien kontrolliert.

(csh)
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