Mönchengladbach Nikotin: Suchtpotenzial gleicht dem von Heroin

Mönchengladbach · Beim Deutschen Lungentag rücken die Atemwege in den Fokus. Größter Risikofaktor bleibt das Rauchen. Chefarzt Andreas Meyer von den Maria-Hilf-Kliniken fordert härteres Einschreiten der Politik.

 Andreas Meyer ist Pneumologe und Chefarzt im Maria-Hilf.

Andreas Meyer ist Pneumologe und Chefarzt im Maria-Hilf.

Foto: Maria Hilf

Andreas Meyer ist Pneumologe. Er weiß um die Bedeutung der Lunge und kennt die Krankheiten, die unser Atemorgan befallen können. Deshalb ist er regelmäßig mit dabei, wenn im Rahmen des Deutschen Lungentages auf dieses zentrale Organ des menschlichen Körpers aufmerksam gemacht wird. "Auf die Lunge muss man genauso achten wie auf das Herz", stellt er fest. "Die Lunge ist das Organ, das den intensivsten Kontakt zur Umwelt hat."

Deshalb konnte man sich jetzt auf dem Alten Markt beim 20. Deutschen Lungentag einem Lungenfunktionstest unterziehen, aber auch über Prävention und Raucherentwöhnung informieren. Letzteres mit gutem Grund. "Bei einundzwanzig Krankheiten ist Rauchen einer der wichtigsten Risikofaktoren", sagt der Chefarzt der Pneumologie des Maria Hilf. Raucher sterben durchschnittlich bis zu zehn Jahre früher als Nichtraucher - an Lungenkrebs, Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Die chronische Lungenkrankheit COPD belegt den sechsten Platz der tödlichen Krankheiten in Deutschland. Trotz alledem rauchen immer noch 25 Prozent der Deutschen. Wer einmal anfängt, hat es allerdings auch schwer, wieder aufzuhören. "Nikotin hat das gleiche Suchtpotenzial wie Heroin", erklärt Chefarzt Meyer. "Es macht enorm abhängig." Dennoch: Wer gesund bleiben und alt werden will, sollte aufhören. Der entscheidende Punkt sei der Wille: Der Raucher müsse den festen Entschluss fassen, aufzuhören, sagt Meyer. Hilfreich bei der Entwöhnung sind nach der Erfahrung des Mediziners Nikotinersatzpräparate wie Kaugummi, Pflaster oder Spray.

In Deutschland werden diese verhältnismäßig teuren Ersatzprodukte allerdings nicht von den Krankenkassen übernommen, sondern als Lifestyle-Produkte eingeordnet, die von den Patienten selbst gezahlt werden müssen. Trotzdem: "Die meisten brauchen das", sagt Meyer. Dazu kommen Entwöhnungskurse, wie sie auch das Maria Hilf anbietet. Hier geht es um Verhaltensschulung, um das Erkennen der Muster und Mechanismen, die sich mit dem Rauchen verbinden. Und natürlich auch darum, sich in der Gruppe gegenseitig zu unterstützen. Diese Kurse haben eine relativ hohe Erfolgsquote: Nach einem Jahr sind immer noch 45 Prozent beim Nichtrauchen geblieben.

Noch wichtiger aber ist und bleibt die Prävention. "Wir müssen in den Schulen aufklären", unterstreicht Meyer. Wer als Jugendlicher nicht mit dem Rauchen anfängt, wird das auch im späteren Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht tun, sich damit eine Menge gesundheitlicher Probleme ersparen und die eigene Lebenszeit um ein Jahrzehnt verlängern. Auch die Politik bleibt gefordert. Deutschland ist neben Österreich das einzige Land, in dem es Zigarettenautomaten gibt, die den Zugang sehr erleichtern.

Im Gegensatz dazu hat sich Norwegen das Ziel gesetzt, bis 2030 rauchfrei zu sein. Die Preise für Zigaretten wurden dort stark angehoben, die Zigaretten selbst in den Läden aus dem Blickfeld verbannt. Eine konsequente Politik, von der Deutschland noch weit entfernt ist.

(RP)
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