Mönchengladbach Nemanja Raduloviæ - wilder Geiger mit expressivem Spiel

Mönchengladbach · Für Spießer ist der serbische Violinist Nemanja Raduloviæ beileibe nichts. Zugeknöpften Gemütern dürften weder sein Äußeres im satten "Gothic-Chic", noch seine überaus impulsive Bühnenpräsenz wirklich gefallen. Aber die Zeiten, als ein extravagantes Bühnenoutfit noch für Furore sorgte und man sich doch etwas mehr Contenance von einem klassischen Geiger wünschte, sind zum Glück lange vorbei. Ohnehin sollte man weder Bücher noch Musiker nach ihrem Einband beurteilen. Trotzdem lässt man sich allzu leicht dazu verführen, doch den einen oder anderen Satz über die äußere Wirkung eines virtuosen Geigers wie Raduloviæ zu verlieren. Gehört dies schließlich dann doch zur Gesamtwirkung.

Doch im Falle von Raduloviæ, gibt es viel mehr als diesen erfrischenden Coolness-Faktor, diese geheimnisvoll wilde Optik. Haltung hat er - musikalische Haltung, die in jedem Moment für packende Dichte und Präsenz sorgt. Dies stellte er nun in Begleitung der Pianistin Laure- Favre-Kahn beim 2. Meisterkonzert in der Kaiser-Friedrich-Halle eindrücklich unter Beweis.

Ihn nach oberflächlicher Betrachtung in die Schublade "Teufelsgeiger" zu stecken, mag zwar gewisse Aspekte seiner Künstlerpersönlichkeit treffen, doch verfehlt dieser Vergleich - durch gewisse Assoziationen die damit einhergehen - den eigentlichen Punkt. Expressiv zweifelsfrei, bewusst und durchdacht interpretiert er die Werke, die er für Mönchengladbach ausgesucht hat. Eine bunte Mischung, die verschiedene Aspekte seiner Violinenkunst widerspiegelt. Ganz bei sich und ganz solistisch eröffnete er den Abend mit der Ciaccona - besser bekannt als Chaconne - aus der Partita Nr. 2 d-moll von Bach. BWV 1004 ist in der Tat eine Visitenkarte, und der 1985 geborene und in Paris lebende Geiger überzeugte nicht nur mit Geschmack, sondern auch Gefühl für pure aber markante Virtuosität. Im guten Sinne. Mit Prokofjews Sonate Nr. 2 op. 94a - jene die auf Wunsch Oistrachs aus einer Flötensonate umgearbeitet wurde - gesellte sich die französische Pianistin Favre-Kahn, zuverlässig an seine Seite. Prokofjews Violinsonate beleuchtete beider Beseeltheit für melodische Kultur. Doch Raduloviæ, genießt auch ganz offen seine Hingabe zur Musik, lässt sich nicht zu übermäßigem Schmelz verführen.

Nach der Pause blieb er auch mit César Francks Sonate A-Dur, die dazu viel Gelegenheit böte, impulsiv, ausladend, aber niemals überladen. Dafür exakt und präzise, was sich in wiederholten Phrasen so deutlich abzeichnete. Hin und wieder etwas rau - was sich aber so wunderbar kernig ausmacht. Favre-Kahn bewältigte den anspruchsvollen Klavierpart mit Finesse, indes ohne jemals zu viel Feuer zuzulassen. Ihr Spiel ist weder besonders wirkungsmächtig noch verführend, so überließ sie immer Raduloviæ das Rampenlicht. Ganz im Geiste einer kultivierten Begleiterin.

Das fulminante Finale des Abends war mit Ravels "Tzigane" volkstümliche Virtuosenkunst - ganz im Geiste eines Zigeuner-Primas - vom Feinsten. Hier blitzte der "Teufelsgeiger" hervor, was beim Publikum vollends für Begeisterung sorgte. Als Zugabe erklang so stimmig "Als die alte Mutter" aus dem op. 55 von Dvoøák.

(laki)
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