Mensch Gladbach Nackte Männerbeine - nur mit Rad?

Meinung | Mönchengladbach · Was komfortabel ist, sieht nicht immer gut aus. Und umgekehrt. Ein unverhülltes Männerbein gilt schon seit langem als Welten-Teiler. Die NEW greift in der Sache jetzt stilistisch durch. Beim Radfahren aber darf Mann noch alles zeigen - auch dank engster Leibchen.

Na, sind Sie schon im Tourfieber? Morgen ist der große Tag. Dann ist Mönchengladbach ein Star, wenn auch nur für rund eine halbe Stunde. So lange wird es ungefähr dauern, bis das Fahrerfeld der Tour de France die 20 Kilometer lange Strecke durch die Stadt hinter sich gelassen hat. Immerhin: Der Starruhm Mönchengladbachs dauert damit doppelt so lange wie das einst von Andy Warhol propagierte Motto der Flüchtigkeit des Ruhms - "15 minutes of fame".

Das Wetter soll ja so lala werden. Aber ob Hitze und Sonne oder Regen und sommerliche Kühle - es werden in den wenigen Sekunden des Vorbeirauschens der Rennradler viele nackte Männerbeine zu sehen sein. Die Frage der Ästhetik stellt sich nicht, denn diese Schenkel werden extrem durchtrainiert sein, Teile von menschlichen Rennmaschinen.

Das hat nicht jeder zu bieten, der sich gerne aufs Rad schwingt. Aber vor dem Hintergrund der Sportlichkeit herrscht modische Narrenfreiheit. Auf dem hochgerüsteten Fahrrad darf Mann nämlich noch alles zeigen. Und das beschränkt sich leider nicht nur auf nackte Beine. In kunterbunten, hautengen Leibchen werden auch männliche Problemzonen ungeniert zur Schau gestellt. Aber ist solche selbstbewusste Schamfreiheit nicht auch faszinierend?

In den Bussen der NEW gibt es so etwas nicht mehr. Zumindest nicht auf dem Fahrersitz. Selbst bei größter Hitze und ohne Klimaanlage ist es verboten, kurze Hosen zu tragen. Stattdessen herrscht langhosige corporate identity - eine Art Uniform, die den Busfahrer sofort als solchen erkennbar macht. Jetzt sehen manche vielleicht besser aus, schmoren aber bei Temperaturen wie vergangene Woche wortwörtlich im eigenen Saft, können neidvoll auf Fahrgäste in Hotpants und Feinripp blicken. Aber wir Frauen wissen ja: Was tut man nicht alles für die Schönheit!

Gar nicht schön ist in der eigenen Angaben zufolge fahrradfreundlichen Stadt an vielen Stellen die Lage für jene, die das Rad nicht nur hauteng gekleidet für die sportliche Ausfahrt nutzen, sondern im Alltag. Denn mancherorts, etwa am Rönneterring, werden Straßenmarkierungen, die Radfahrern Schutz bieten sollten, wieder rückgängig gemacht - und zwar, weil parkende Lastwagen zu viel Platz brauchen. Die nachhaltigen Effekte des Tour-Spektakels auf den Radverkehr können das ja wohl nicht sein. Milde ausgedrückt lässt sich sagen: Da ist noch reichlich Luft nach oben.

Damit sind wir auch schon beim Evergreen dieser Kolumne: die verkaufsoffenen Sonntage. Denn auch da sollten die Beteiligten mal in die Nachhilfe gehen. Zur Erinnerung: Für morgen ist einer angesetzt. Doch das Shopping-Erlebnis wird sich wohl eher im Mikro-Bereich abspielen, denn die großen Akteure im Mönchengladbacher Einzelhandel machen alle nicht mit: Erst sprangen Minto und Kaufhof ab, dann viele weitere Händler an der Hindenburgstraße. Und jetzt wird auch noch bekannt, dass das Möbelhaus Schaffrath ebenfalls nicht öffnet. Begründung unisono: die schlechte Erreichbarkeit wegen der Absperrungen zur Tour de France. Das aber war ja schon immer klar. Deshalb stellt sich die Frage, wer diesen verkaufsoffenen Sonntag eigentlich warum gewollt hatte. Antworten bitte direkt an die Autorin dieser Kolumne (Mail: denisa.richters@rheinische-post.de).

Mönchengladbach kann sich also frei von Shopping-Gelüsten auf die Tour konzentrieren - und den kurzhosigen Ruhm einer halbe Stunde.

(RP)
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