Mönchengladbach Museum des rheinischen Manchesters

Mönchengladbach · Alte Knacker, Gladbacher Knöp und ein Schatz aus dem Hochschulkeller: Im Monforts-Quartier beherbergt die Stadt eine weltweit einzigartige Sammlung von Textiltechnik. Ein Webmeister lässt sie regelmäßig äußerst lebendig werden.

Karlheinz Wiegmann (stehend) und Webmeister Karl-Heinz Engeln zeigen eines der alten Schätzchen, die im Textiltechnikum im Monforts-Quartier aufgebaut sind.

Karlheinz Wiegmann (stehend) und Webmeister Karl-Heinz Engeln zeigen eines der alten Schätzchen, die im Textiltechnikum im Monforts-Quartier aufgebaut sind.

Foto: Isabella Raupold

Als Erstes nimmt man den Geruch wahr: metallisch, ölig, auf jeden Fall einmalig - und irgendwie angenehm. Dann blickt man durch die eindrucksvolle, 2000 Quadratmeter große Halle der Monforts-Maschinenfabrik an der Schwalmstraße 301 und sieht rund 200 Textilmaschinen vom Spinnrad bis zur Luftdüsenwebmaschine aus dem Jahr 2000. Und wenn Webmeister Karl-Heinz Engeln vor Ort ist und die Maschinen vorführt, dann hört man sie auch klappern, rattern, zischen.

Das Textiltechnikum ist ein außergewöhnlicher Ort, der nicht nur viele Sinneseindrücke produziert, sondern auch einen besonderen Blick auf die Geschichte Mönchengladbachs, des Rheinischen Manchesters, gewährt. Die einzigartige Sammlung, die die Stadt Mönchengladbach in vielen Jahrzehnten zusammengetragen hat, bietet einen Querschnitt durch die Entwicklung der Textiltechnik. Und die ist alt. "Als die Menschen aufgehört haben, Bärenfelle zu tragen", antwortet Webmeister Engeln augenzwinkernd auf die Frage nach dem Alter der Webkunst.

Ganz so prähistorisch sind die Maschinen im Textiltechnikum dann doch nicht, aber in der ersten Abteilung, die sich dem Handweben widmet, sieht man eindrucksvolle Belege dafür, wie mühsam die Kleidungsherstellung früher gewesen ist. Mönchengladbach lag ehemals in einer Flachsregion. Flachs ist die Grundlage für Stoffe aus Leinen. Und um an die begehrten Fasern zu kommen, waren schon etliche schweißtreibende Arbeitsgänge nötig. Die wurden versponnen und schließlich auf Handwebstühlen verwebt. Dazwischen lag der Arbeitsgang des Umspulens, in kleinen Familienbetrieben meist vom Großvater übernommen. Das knackende Geräusch des Zählwerks wurde deshalb zum "alten Knacker".

Die Textilindustrie, immer ein für Mönchengladbach besonders wichtiger Wirtschaftszweig, machte mit der Einführung der Dampfmaschine einen gewaltigen Sprung nach vorne. Und ebenso gewaltig wirkt die Dampfmaschine, die in der alten Maschinenhalle aufgebaut wurde. Sie stammt aus der Juteweberei Blancke in Heinsberg, die tatsächlich bis zu ihrer Schließung 1981 mit dieser Maschine arbeitete. Die Dampfmaschine wurde 1901 gebaut und trieb acht Jahrzehnte lang Textilmaschinen an, aber auch die übrigen Werkzeuge wie Bohrer, Säge oder Nähmaschine. Allein der Aufbau dieses Giganten dauerte ein ganzes Jahr, denn die Dampfmaschine sollte ja funktionstüchtig sein - und wurde deshalb Stück für Stück sorgfältig wieder zusammengebaut.

Für verschiedene Stoffe braucht man ebenso verschiedene Webstühle: Es gibt Seidenwebstühle, Bandwebstühle für Etiketten, Mullbinden oder Lesezeichen - und auch einen, auf dem der "Gladbacher Knöp", ein Wollstoff für Mäntel, auch aus recyceltem Nachkriegsmaterial, hergestellt wurde. Schließlich kommen die großen modernen Maschinen, die nicht mehr rattern, sondern pfeifen, weil sie mit Luftdruck arbeiten. In der Mitte der Halle präsentiert die Ausstellung noch einen besonderen Schatz, eine Sammlung von Farbpigmenten für das Färben, deren Anfänge bis 1860 zurückreichen. "Die Sammlung wurde lange im Keller der Hochschule aufbewahrt", erklärt Karlheinz Wiegmann, als Direktor des Museums Schloss Rheydt auch für das Textiltechnikum zuständig. "Sie ist sehr selten, nur in Dresden gibt es noch etwas Vergleichbares."

Das Textiltechnikum hat im vergangenen Herbst seine Tore geöffnet und lockt seitdem verstärkt Besucher an. Es kommen viele Studenten, aber auch Familien. "Wenn Opa als Weber gearbeitet hat, zeigt er seinen Enkeln hier die Maschinen", sagt Webmeister Engeln, der anschließend gern mit den Besuchern fachsimpelt.

(RP)
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