Mönchengladbach Seit 65 Jahren dem Nikolaus verpflichtet

Mönchengladbach · Als 15-Jähriger zog sich der Mönchengladbacher Hubert Schüler zum ersten Mal das Gewand des heiligen Bischofs an. Seitdem erfreut der inzwischen 80-Jährige in der Adventszeit zahlreiche Menschen mit seinem Besuch. Die Tradition liegt ihm am Herzen.

 Hubert Schüler trägt ein von ihm selbst genähtes Gewand.

Hubert Schüler trägt ein von ihm selbst genähtes Gewand.

Foto: Detlef Ilgner

Wenn sich Hubert Schüler sein Gewand überzieht, wird er zum Nikolaus. Für den Brauchtumsdarsteller ist der Bischof von Myra nicht einfach nur eine Rolle, in die er jedes Jahr in der Adventszeit für seine Zuschauer schlüpft. "Ich identifiziere mich mit ihm", sagt der Wahl-Gladbacher. Bereits seit 1950 besucht der heute 80-Jährige im selbstgefertigten Bischofsornat Kindergärten, Schulen, Seniorenheime und Krankenhäuser, um dort die Geschichte des Heiligen aus der heutigen Türkei zu erzählen. Trotz schwerer Krankheit hat Schüler damit in 65 Jahren nicht einmal ausgesetzt.

Schülers Leidenschaft für den Bischof St. Nikolaus, der sein geerbtes Vermögen an die Armen verteilte, reicht bis in seine Kindheit zurück. Dabei wurde der Brauch damals, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, noch völlig anders gefeiert als heute, sagt er. "Die ganze Familie saß in der Küche am Feuer und hat gemeinsam gebetet", erzählt der gebürtige Mainzer. Schon damals gab es einen Nikolausdarsteller — Schülers Patenonkel, von dem er und sein Bruder die Tradition später übernahmen. Nachdem jedes der Kinder ein Gedicht vorgetragen hatte, wurden Teller mit Äpfeln, Nüssen und Gebäck gereicht — mehr nicht. "Dass die Eltern ihren Kindern zu Nikolaus richtige Geschenke machen, hat sich erst viel später entwickelt", sagt der 80-Jährige.

Bei seinem ersten Auftritt als Bischof St. Nikolaus war Schüler gerade einmal 15 Jahre alt. Der Besuch in einem Kindergarten verlief so gut, dass er in den Folgejahren wiederkam und seine Auftritte auf andere Einrichtungen ausweitete. Inzwischen ist sein Terminkalender um den Nikolaustag am 6. Dezember herum voll. Etwa 30 Auftritte stehen alleine in diesem Jahr an. "Dabei mache ich inzwischen schon weniger als früher", sagt Schüler.

Unterwegs ist er in den Pfarreien der Diözesen Aachen und Köln, aber auch Vereine und Privatpersonen können ihn buchen. "Sogar im Gefängnis Arnsberg bin ich schon aufgetreten", sagt Schüler. Seit vier Jahren steht ihm Markus Rütten (43) als Bischofsbegleiter zur Seite. Wenn es sich anbietet, spielt der Kirchenmusiker für die Zuschauer auf dem Klavier. "Knecht Ruprecht gibt es bei mir nicht", sagt Schüler. Mit dem habe der historische St. Nikolaus schließlich nichts zu tun. Der habe den Menschen gegeben, ohne auszuwählen, ob jemand brav gewesen ist oder nicht.

Beruflich zog es Schüler Anfang der 50er Jahre zunächst für eine Ausbildung zum Konditor nach Wetzlar, wo er seine Frau kennenlernte. Danach ging es für ihn weiter nach Paderborn, dort allerdings im Priesterseminar. 1962 legte er sein Examen als liturgischer Sakristan ab. Den Wechsel hatte er sich genau überlegt. Denn schon seit seiner Kindheit war Schüler fasziniert von der Sakralkunst, vor allem im expressionistischen Stil. Im Kloster der Schwestern der Göttlichen Vorsehung, direkt neben seinem Elternhaus, habe er den Nonnen schon früh beim Anfertigen der Paramente, kirchliche Textilien, über die Schulter schauen dürfen.

In seiner Freizeit brachte sich Schüler das Handwerk selbst bei und zeigte großes Geschick. "Heute bin ich einer von vier Paramentenstickern in Europa, die noch die Haargold- und Reliefstickerei beherrschen." Er stattete etliche Bischöfe und natürlich sich selbst für seine Auftritte mit Gewändern aus und fertigte 1999 sogar für den damaligen Papst Johannes Paul II. eine Mitra. "Ich durfte sie ihm persönlich in seinen Privatgemächern überreichen", sagt Schüler stolz.

Nicht immer aber lief es für ihn so gut. 1984 wurde bei Schüler Krebs diagnostiziert. "Die Ärzte gaben mir kaum eine Überlebenschance. Aber mein Glaube an den Nikolaus half mir durch die schwere Zeit", sagt er. Seitdem fühlt er sich dem Heiligen noch enger verbunden. Nur einmal trat Schüler in dem Jahr als Bischof auf, aber "das habe ich mir nicht nehmen lassen". Für die restlichen Termine organisierte er eine Vertretung.

Geld hat der Nikolausdarsteller in all den Jahren für seine Auftritte nie genommen. "Aber seit meiner Erkrankung sammle ich Spenden", sagt er. Die teilt er jeweils zwischen der Deutschen Krebshilfe und der Kinderkrebsstiftung in Gladbach-Neuwerk auf.

(RP)
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