Mönchengladbach

Fünf Tage Itzehoe sind für mich als Austauschreporter vorbei. Was nehme ich mit aus Schleswig-Holstein, abgesehen von ein paar Flaschen Dithmarscher Dunkel? 1. Ein Moin sagt mehr als tausend Worte. Bis vergangenen Montag hatte ich nie jemandem nach 11 Uhr "Guten Morgen" gesagt. Jetzt weiß ich: Man kann es auch am Abend tun, wenn man "Moin" (also moje dag) sagt und es angemessen unaufgeregt aus der Tiefe des Bauches heraus knurrt. Dann klingt es echt. Ich habe aber gemerkt: Jedes "Moin" ist ernst gemeint. Ich war überrascht, wie oft ich auf der Straße von Menschen so begrüßt wurde. Uns Rheinländern können so viele Worte aus dem Munde purzeln: Wenn ich als Reporter auf der Straße versuche, jemanden mit "Guten Tag" anzusprechen, wird oft die Flucht ergriffen. Ich werde es demnächst mit "Moin" versuchen. 2. Glück ist das, was man draus macht. Ich hatte gelesen, dass Menschen in Schleswig-Holstein die glücklichsten in Deutschland sind. Ich habe in Itzehoe, Wilster, der Wilstermarsch, Glückstadt und Marne nach Anhaltspunkten gesucht und Matjes mit Schokolade, die tiefste Landstelle Deutschlands, eine schmucke Innenstadt mit Problemzonen und eine raue Landschaft mit viel Marschland gefunden. Alles irgendwie schön, aber es taugt nicht dazu, Fremden einleuchtend zu erklären, dass dies der ultimative Nährboden zum Glücklichsein ist. Ich glaube eher, dass es an der Einstellung zu den Dingen liegt, dass es Holsteinern einfacher fällt, zufrieden zu sein. "Der Süden ist wärmer, aber hier ist die Luft besser", sagte mir ein Begleiter. Geduld ist auch eine Form von Glück. 3. Der nächste Weg ist der weiteste.

 . . . und Andreas Gruhn aus der RP-Redaktion arbeitete in Itzehoe.

. . . und Andreas Gruhn aus der RP-Redaktion arbeitete in Itzehoe.

Foto: Andreas Gruhn

Wer aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland NRW kommt, ist daran gewohnt, dass am Ende einer Stadt die nächste anfängt. Wenn ich in Schleswig-Holstein und im Kreis Steinburg von einem Ort zum nächsten fahre, nehme ich mir eine Kanne Tee mit ins Auto. Man weiß ja nie, ob die Reise nicht beschwerlicher wird. Denn subjektiv betrachtet wird es im November tagsüber betrachtet zwar richtig hell. Aber mein Navigationsgerät schaltet in den Nachtmodus, weil es den Himmel für zu dunkel hält. 4. Eine Stadt ist eine Stadt ist eine Stadt. Aber was für eine? In Itzehoe sind sie sich da gar nicht so sicher. Das erste Ortseingangsschild verkündete mir "Die Einkaufsstadt", ein nächstes erzählte von der "Kulturstadt", auf einem anderen war etwas von allem zu lesen: "Ihre Einkaufs-, Innovations- und Kulturstadt im Grünen." Ich kann in Mönchengladbach zwar erzählen, dass Itzehoe an einigen Stellen sehr schön ist. Aber wofür die Stadt eigentlich steht, weiß ich nicht. "Gesammelte Halbwahrheiten" habe ich Anfang der Woche einen Text genannt, in dem ich zusammengefasst habe, was die Menschen am Niederrhein von Itzehoe wissen. Es war sehr viel Halbwissen.

(RP)
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