Mönchengladbach Mit Routine zum großen Spektakel

Mönchengladbach · Noch bis 10. Januar gastiert der Zirkus Flic Flac in der Stadt, Tausende Mönchengladbacher waren über die Feiertage zu Gast. Wir erklären, wie es während der zweistündigen Show hinter der Bühne zugeht.

 Warm-Jonglieren für die große Show: Vladik Miagkostoupov bereitet sich im Backstage-Bereich auf seinen Auftritt in Mönchengladbach vor.

Warm-Jonglieren für die große Show: Vladik Miagkostoupov bereitet sich im Backstage-Bereich auf seinen Auftritt in Mönchengladbach vor.

Foto: Ilgner

Es ist 14.45 Uhr, in 15 Minuten startet der Zirkus Flic Flac mit der ersten von zwei Vorstellungen an diesem Tag. Die Mienen der beiden Artisten Dmitriy Makrushin und Dmitriy Tarasenko zeugen von Anspannung und Konzentration. Es gilt, sich auf die Aufgabe vorzubereiten und auf den Punkt fokussiert zu sein. Doch worauf konzentrieren sie sich? Auf den gleich anstehenden gemeinsamen Auftritt zumindest jetzt noch nicht. Ein kleines Fußballtor im Backstage-Bereich gibt die Antwort - Elfmeterschießen. Makrushin verwandelt und posiert vor den anderen Artisten, gerade so, als hätte er seine Akrobatik-Nummer bereits hinter sich gebracht.

Von Anspannung und Nervosität ist auch bei den anderen nicht viel zu erkennen. Die Band Alcatraz, die während der Show für die musikalische Untermalung sorgt, sitzt einige Minuten vor dem Start gemütlich auf einem alten Sofa und scherzt. Mit dazu gesellt hat sich der Mann, dessen Element das Feuer ist: Hubertus Wawra, in der Show nur als "Master of Hellfire" bekannt, begeistert das Publikum als Komiker und Feuerspucker. Auch im Backstage-Bereich sorgt er bei seinen Kollegen für gute Stimmung. Ein Plausch hier, ein Witzchen da, immer wird gelacht, wenn der "Master" in der Nähe ist.

Wie er sich als Komiker auf die Show vorbereitet? Bei dieser Frage wird er kurz nachdenklich. "Ich bereite meine Requisiten vor, während ich die letzte Show Revue passieren lasse und mich frage, was gut und was schlecht war. Denn wie die anderen Artisten auch hat man irgendwie den Anspruch, es jeden Tag ein bisschen besser zu machen." Dann lässt er sich entschuldigen: "Ich gehe mir jetzt eine Frau suchen!" Der "Master" benötigt für eine besondere Nummer immer eine Dame aus dem Publikum, die kurz vor der Show bereits ausgewählt wird.

Es ist inzwischen 14.52 Uhr. Nur noch acht Minuten. Der Backstage-Bereich füllt sich. Wer sich unter selbigem eine mit Designer-Möbeln und Luxusgütern gespickte Wohlfühl-Oase vorstellt, wird beim Zirkus Flic Flac enttäuscht. Ein altes Sofa, diverse Tische und Ablagen, ein altes Bett, Moto-Cross-Räder, zwei langgezogene schwarze Vorhänge, die die Männer- und Frauenumkleiden abtrennen, das war es.

Kurz vor 15 Uhr. Die Artisten sind bereit. Die Smartphones werden weggepackt, die Gesichter ernster. Einer der besten Jongleure der Welt, Vladik Miagkostoupov, ist für die Show extra aus Las Vegas eingeflogen. Er jongliert mit Kegeln und wärmt sich auf. Andere dehnen sich, gesprochen wird kaum. Nur der "Master of Hellfire" trällert vollmundig ein Lied. Dann müssen alle auf die Bühne. Der Backstage-Bereich ist leer. Die Show beginnt.

Während die perfekt trainierten Artisten für zwei Stunden die rund 1300 Zuschauer begeistern, herrscht im Hintergrund reges Treiben. Rund 40 Arbeiter sorgen für den reibungslosen Auf- und Abbau der Bühne. 17 Kilometer Stahlrohr wurden verbaut. Der Zuschauer merkt davon nichts.

Zurück im Backstage. Während sich die Kollegen bei atemberaubenden Nummern verausgaben, ist die Stimmung hier entspannt. Zwei russische Künstler spielen Schach oder chatten mit dem Smartphone. Es ist kurz nach 16 Uhr. Der "Master of Hellfire" ist an der Reihe und unterhält das Publikum, während Motorgeräusche auf dem Parkplatz das große Finale der Show andeuten: Die Maschinen müssen nach der täglichen Wartung warm gefahren werden, wenn bis zu acht Fahrer gleichzeitig in einer Stahlkugel mit Durchmesser von 6,50 Meter ihr Können demonstrieren.

Victor Rubayo ist einer von zahlreichen Südamerikanern, die diese waghalsige Nummer durchführen. Nervös ist er vor seinem Auftritt nicht: "Ach nein", winkt der Kolumbianer ab. "Wir haben so viel geübt, es ist mittlerweile normal für uns." Kurz vor 17 Uhr machen sich die Motorräder auf den Weg. Der "Master" hat seinen Auftritt hinter sich gebracht, er raucht draußen eine Zigarette, während ein Fahrer nach dem anderen in die Stahlkugel einfährt. Im Backstage wird währenddessen wieder Schach gespielt, Artistin Julia Galenchyk liest ein Buch, während das Publikum jubelt und klatscht. Dann müssen alle den Backstage-Bereich verlassen, aus Sicherheitsgründen. Die "Mad Flying Bikes" sorgen mit Stunts und 20 Meter langen Sprüngen durchs Zelt für ein spektakuläres Finale. Der Backstage-Bereich wird zur Landezone. Kein Wunder, dass hier keine Designer-Möbel stehen. Dann ist Schluss. Alle dürfen nochmal auf die Bühne - bei stehenden Ovationen. Die Artisten seufzen durch, dann geht es weiter. Abends steht eine weitere Vorstellung an. Dann startet das routinierte Spektakel aufs Neue.

(RP)
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