Serie Was Macht Eigentlich? Mit Kanzler Schröder angelegt

Am 9. Februar 2004 kehrte Götz Gliemeroth heim aus Kabul, zum 1. April trat er nach 41 Jahren bei der Bundeswehr in den Ruhestand. Afghanistan ist Vergangenheit für ihn - und lässt ihn doch nicht los. "Ich verfolge die aktuelle Entwicklung mit heißem Herzen", sagt er. "Wir hatten zu meiner Zeit als Oberbefehlshaber auch eine angespannte Situation, aber längst nicht in dem Maße wie heute."

Woran liegt es, welche Fehler sind gemacht worden? "Die Unterstützung durch das Bündnis war anfänglich zu zögerlich, was Truppenstärke, Kampfmittel und Aufklärung betraf. Es mangelte an landeskundlichem Spezialpersonal. Vor allem aber hätte man viel mehr Kampfhubschrauber und Kampfrettungshubschrauber benötigt. Präsident Karzai zeigte in Gesprächen mit mir wenig Verständnis dafür, dass die NATO nicht das einbrachte, was erwartet wurde." Taktische Fehler der USA seien die anfänglich zu geringe Truppenstärke am Boden gewesen, und dass die Amerikaner sich 2003 "überstark auf den Irak konzentrierten - auf Kosten der Operationen in Afghanistan. Darauf habe ich bereits frühzeitig und wiederholt hingewiesen." Wie auch auf den übereilten Gesamtabzug der NATO-Truppen: "Ich bezweifle, dass die afghanischen Streitkräfte allein für Sicherheit und Stabilität sorgen können. Der Abzug würde den Gesamterfolg der Mission in Frage stellen - und dies alles nur aus wahltaktischen Gründen im Vorfeld der amerikanischen Präsidentenwahl." Götz Gliemeroth hat seinen Standpunkt immer wieder deutlich gemacht, wenn es sein musste auch öffentlich, die Politiker kritisiert. So 2002 Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping wegen der finanziellen Ausstattung der Bundeswehr. "Schreckt nicht zurück", lautete am 11. August 2003 der Titel, als die FAZ Gliemeroth als ISAF-Kommandanten vorstellte. 2004 geriet er in Konflikt mit Bundeskanzler Gerhard Schröder: Der General forderte öffentlich einen groß angelegten Einsatz gegen die Drogenproduktion, mit der Afghanistan als der größte Opium-Produzent den Weltmarkt überschwemmte. "Das Problem ist bis heute nicht gelöst", sagt er. "Doch selbst gut gemeinte Ratschläge an die derzeit Verantwortung Tragenden haben heute zu unterbleiben."

(oes)
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