Mönchengladbach Meister Lampe züchtet Kaninchen

Mönchengladbach · Feuerwehr-Chef Jörg Lampe kann sich auf echte Osterhäschen freuen. Ein Stallbesuch.

 Die Hasen sind das Hobby von Jörg Lampe - deren Hobby wiederum ist das Mümmeln an Mohrrüben.

Die Hasen sind das Hobby von Jörg Lampe - deren Hobby wiederum ist das Mümmeln an Mohrrüben.

Foto: Hans-Peter Reichartz, Shutterstock/Valentina Razumova

Es riecht nach frischem Futter. Ein Sack Möhren, in Kistchen Kohlblätter, eine Rübe. Im Halbdunkel sind die Häsinnen kaum zu sehen. So dunkel ist ihr Fell. Entspannt liegen sie in ihren Ställen auf der Seite. Mit nahezu kindlicher Freude führt Jörg Lampe seine Zuchttiere vor. Öffnet hier eine Stalltür, zieht dort den Deckel einer Wurfkiste auf. Zu sehen ist erst einmal nur Stroh. Ein kurzer Griff, und in der Hand des Chefs der Berufsfeuerwehr liegt ein frisch geworfenes Häschen, kaum eine Woche alt. In einem anderen Stall ist eine Häsin emsig dabei, das Nest für ihren Wurf vorzubereiten. Es werden wohl echte Osterhäschen werden, wenn das Timing stimmt.

Die Atmosphäre in dem Stallgebäude ist geprägt von Ruhe. Und von Ordnung. Die Häsinnen links, die Rammler rechts. Jeder der 30 Ställe hat eine Nummer, ein Datenblatt vermerkt die Zuchtnummern der Tiere, wo es sitzt, wann es geimpft wurde, wer Vater und Mutter sind. "Sonst geht der Überblick verloren", erklärt Jörg Lampe, derzeit Herr über 32 Tiere der Rasse Graue Wiener Wildfarben.

Stolz, aber ohne Dünkel, präsentiert er seine prämierte Häsin, sie ist ein gutes Jahr alt. Sie wurde mit 97,5 von 100 möglichen Punkten im vergangenen Dezember auf der Rheinischen Landesschau in Rheinberg zur besten Häsin 2016 gekürt. Aufrecht und aufmerksam sitzt die Häsin auf einem eigens angefertigten Präsentierbrett, beschichtet mit einem Stück Teppich. Beim Anblick des stattlichen, fast fünf Kilo schweren Tieres taucht vor dem inneren Auge des Betrachters Albrecht Dürers Hase auf. Zum Vergleich holt der studierte Bergingenieur einen etwas älteren Rammler aus seinem Stall. Ein Mordskerl. Zumindest lässt dies sein auffallend breites Gesicht vermuten.

Jörg Lampe, seit 1998 Chef der Mönchengladbacher Berufsfeuerwehr, hat bereits ab dem Alter von "drei, vier Jahren samstags Löwenzahn für die Tiere meines Großvaters gestochen. Er war ebenfalls wie mein Vater Bergmann und hat Kleinsilber-Gelb gezüchtet. Wer damals Fleisch auf den Tisch haben wollte, musste Kaninchen halten." Rund 20 Jahre hat Jörg Lampe zusammen mit seinem Großvater gezüchtet, "dann war wegen Studium und Beruf erst einmal Schluss." Vor fünf Jahren, 2012, kam die Leidenschaft wieder zurück: "Ich hatte zufällig auf einem Plakat gelesen, dass im Reitstall Barthelmes eine Kreisschau stattfand. Friedhelm Paulussen hat mein Interesse bemerkt und mir gesagt, dass er mir beim Bau des Stalls und dem Aufbau der Zucht helfen würde." Lampe hatte die Schau noch nicht verlassen, da war die Entscheidung schon gefallen: "2013 bin ich in die Saison eingetreten und habe eine Häsin eindecken lassen." Organisiert ist er im Giesenkirchener Züchterverein R 187.

Walzenform, laufendes Fell, Farbgleichmäßigkeit, Unterfarbe, Pflegezustand, das Stehen des Tieres, und so weiter, und so weiter: Die Ohren möchten sich verschließen bei der Vielzahl der Merkmale, nach denen Kaninchenzüchter die "Ergebnisse" ihrer Mühen beurteilen. Für Jörg Lampe sind dies völlig selbstverständliche Vokabeln. "Nach der Landesschau zieht jeder Züchter sein eigens Fazit des abgelaufenen Jahres und beginnt damit die Planung des kommenden. Also, welche Tiere könnten sich für die neue Saison am besten eignen?", so Jörg Lampe.

Er beschäftigt sich sehr intensiv mit den Mendelschen Gesetzen, um möglichst optimal züchten zu können, aber "es heißt noch lange nicht, dass das beste Zuchtmaterial auch den besten Nachwuchs hervorbringt. Manchmal ist man echt erstaunt, was die Natur da zustande gebracht hat." Wobei man nun zur weniger romantischen Seite der Kaninchenzucht kommt: "Züchten heißt ausmerzen." So einfach wie emotionslos klingt das Grundprinzip jeder Zucht. Übersetzt: Der Züchter muss auch schlachten können. Wenn man nun sieht, wie liebevoll Jörg Lampe mit seinen Tieren umgeht, mag man kaum glauben, dass er natürlich seinen Kaninchen auch das Fell abzieht. "Aber anders kann man keine Zucht betreiben. Einige Tiere gebe ich aber auch an befreundete Züchter."

Bei aller Ernsthaftigkeit seiner Zucht, von Konkurrenzdenken ist er weit entfernt: "Wenn meine Tiere bei den Preisrichtern nicht gut abschneiden, dann ist das halt so. Dann gratuliere ich dem Gewinner. Wenn der mir dann ein Bier ausgibt, habe ich doch mehr gewonnen, als wenn ich mich ärgern würde."

Ostern hat für den Kaninchenzüchter Jörg Lampe nichts mit seinen Hasen zu tun, eher mit den Mythen, die sich um "Meister Lampe" ranken. Obwohl der Feuerwehrmann sich natürlich freut, wenn schon mal die Kinder aus der Nachbarschaft vorbeischauen, um den possierlichen Tieren die Möhren durch die Stalltür zu schieben.

Gelassenheit und Ruhe: Am Verhalten der Tiere könne man den Charakter des Züchters ablesen - und umgekehrt, ist Jörg Lampe überzeugt. Für ihn gibt es nichts Schöneres, wenn er morgens seine Tiere füttert und aus den Ställen das zufriedene Mümmeln an den Möhren oder Kohlblättern erklingt: "Das entschädigt mich für das ganze Leid, die Nöte und den Ärger, dem ich in meinem Beruf ausgesetzt bin. Das ist der wahre Grund, warum ich Kaninchen züchte." Spricht's, streckt auf seiner "Züchterbank" die Beine aus, legt den Kopf zurück und blinzelt in die Frühlingssonne.

(akue)
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