Mensch Gladbach Meine sechs wichtigsten Erkenntnisse dieser Woche

Mönchengladbach · Ich weiß nicht, wie es Ihnen so geht, aber ich gehe gerne abends schlauer ins Bett, als ich morgens aufgestanden bin. Und da die Woche sich schwer neigt, kommen hier nur für Sie die wichtigsten sechs Dinge, die ich diese Woche gelernt habe. Vielleicht werden Sie ja schlau draus.

Erstens: Das große Latinum ist auch nicht mal mehr die halbe Miete. Mein Lateinlehrer Dietmar Schluh - auf diesem Wege beste Grüße - hatte mir und 26 weiteren Aspiranten (kommt nicht von Aspirin) erklärt: trans = durch, parere = scheinen. Transparenz heißt also, dass etwas durchscheint. Das war lange, bevor Transparenz das wichtigste Bauklötzchen im Polit-Sprechkasten wurde. Inzwischen lernen Politiker das Wort "Transparenz" noch vor dem Wort "Aufsichtsratsmandant".

Angewendet wird es gerne in diesem Zusammenhang: Die Dinge müssen für den Bürger durchschaubar bleiben. Grüne und Linke etwa werden nicht müde zu erklären, Ausgliederungen seien schädlich, weil sie für weniger Transparenz sorgten. Heißt: Die entscheidenden Gremien tagen nicht öffentlich. Tatsächlich sitzen in den ganzen Ausschüssen, die öffentlich tagen, im Schnitt von mir handgestoppte 2,34 Besucher. 99,994 Prozent des verbleibenden Restes schauen auch nicht ins Ratsinformationssystem. Und die Beschlüsse der Aufsichtsräte mit irgendeiner Relevanz finden auf wundersame Weise genauso Eingang in die Zeitung wie die aus allen anderen Gremien. Wenn ein Politiker Transparenz im Zusammenhang mit einem Gremium fordert, meint er in Wahrheit: Ich will da rein und bestimmen. Ganz schön durchsichtig.

Zweitens: Besorgte Bürger kann man auch züchten. Ich habe diese Woche mit ganz normalen Bürgern in Geistenbeck zusammen gesessen, die an die Stadt ein paar sehr nachvollziehbare Fragen hatten, weil gegenüber 18 jugendliche Flüchtlinge offenbar ohne ausreichende Betreuung eingezogen waren. Sie bekamen: erst nichts. Dann noch mal nichts. Und dann nichts im Gewand bürokratischer Floskeln. Heute läuft selbst eine Pommesbude nicht mehr ohne guten Service. Da fällt es leider besonders auf, wenn eine Verwaltung noch immer vor ihrem Stempelrondell sitzt und meint, wenn man ab und zu mal den richtigen rauszieht, ist man ganz vorne dabei. Erklären, erklären und noch mal erklären? Leute mitnehmen? Beteiligen? Einbeziehen? Ernst nehmen? In welcher Verordnung steht das? Ich habe diese Woche zum ersten Mal so richtig begriffen, warum immer mehr Bürger das sehr unschöne Gefühl haben, dass ihnen niemand zuhört. Und dann halt laut werden müssen.

Drittens: So eine Verwaltung ist ein riesiger Tanker. Drum braucht man auf der Kommandobrücke Leute, die wissen, wie man ihn durch die Meere schippert. Ein Ziel zu haben, schadet dabei nicht.

Viertens: Die Holländer können nicht nur Pommes und Marihuana, sondern auch Städtebau. Was für tolle Ideen, die sich der Planungs- und Bauausschuss da angeschaut hat. Einpacken, mitnehmen, machen! Da wir hier nur über Erkenntnisse reden, die wirklich neu sind, müssen wir uns den Fußball-Kalauer an dieser Stelle schweren Herzens verkneifen.

Fünftens: Wenn deutsche Frauen ungestört schwimmen wollen, ist das innovativ. Wenn muslimische Frauen alleine schwimmen wollen, ist das steinzeitlich. Und wenn man schreibt, das muslimische Frauen alleine schwimmen wollen, ist das rassistisch.

Sechstens: Ein Esel kommt selten allein. In diesem Sinne!

(RP)
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