Mönchengladbach "Mama mutig" im Jugendclubhaus

Mönchengladbach · Ihre Lebensgeschichte liest sich wie ein Drehbuch. Aber sie ist bittere Realität. Rebecca Lolosoli, die selbst misshandelt wurde, gründete vor 25 Jahren das erste Frauendorf Afrikas.

 Rebecca Lolosoli im Jugendclubhaus Westend: Sie erzählte von der Gründung ihres Frauendorfs, von den großen Anstrengungen, die sie und ihre Mitstreiterinnen leisten mussten.

Rebecca Lolosoli im Jugendclubhaus Westend: Sie erzählte von der Gründung ihres Frauendorfs, von den großen Anstrengungen, die sie und ihre Mitstreiterinnen leisten mussten.

Foto: Jörg Knappe

Umoja, das heißt in der Sprache der Sambusu zusammen. Zusammensein ist für die 53-jährige Kenianerin Rebecca Lolosoli das Wichtigste, um etwas zu erreichen. Deshalb hat sie ihr Dorf, in dem von ihren Männern misshandelte und vergewaltigte Frauen Zuflucht finden, Umoja genannt. Auch in das Jugendhaus Westend ist sie zu ihrer Lesung am Dienstagabend nicht alleine gekommen. Zusammen mit der Gründerin des Freundeskreises Umoja, Ise Stockum, erzählte sie von ihrer unglaublichen Geschichte.

Vor 25 Jahren gründete sie mit 15 anderen das erste Frauendorf Afrikas, mitten in der Einöde. Seit dem ist viel Zeit vergangen. "Ganz langsam ändert sich was. Wenn wir jetzt zur Polizei gehen, werden unsere Anzeigen nicht mehr ignoriert, sondern wirklich aufgenommen," resümiert die Frauenrechtlerin. Ihre Lebensgeschichte liest sich wie aus einem Drehbuch. Aber es ist bittere Realität. In ihrem Heimatdorf im Sumbusu-Distrikt herrschen archaische Strukturen. "Wenn du nicht brutal bist, bist du kein Mann," sagt sie während der Lesung aus dem Buch "Mama mutig".

Es ist kaum vorstellbar, was diese Frau, die an diesem Abend so ruhig und gefasst in ihrer farbenfrohen Tracht auf dem Sofa sitzt, durchgemacht hat. Ihr Mann wollte sie sogar erschießen, als die Frauen das lukrativere Grundstück, auf dem ihr Aussiedler-Dorf liegt, kaufen wollten. Vor allem die Dorfgründung war sehr anstrengend: "Wir wollten Unterstützung von der Regierung, aber da kam nichts. Also verkauften wir unseren Schmuck an Touristen, um Geld zu verdienen."

Ein Vierteljahrhundert später hat das Frauendorf Akzeptanz. Sie sind vom kenianischen Staat als Selbsthilfegruppe anerkannt. Es gibt viel zu tun, wie bei der Lesung und Diskussionsrunde im Haus Westend klarwurde. Dabei helfen möchte der im Juli von Ise Stockum neugegründete Verein Freundeskreis Umoja. "Als ich Rebecca vor zwei Jahren das erste Mal traf, war ich elektrisiert," erinnert sie sich. Das erste Projekt des Vereins war der Ausbau der Dorfschule. "Wir klären dort auf, dass etwa die weibliche Beschneidung nicht gut ist, oder das Mädchen und Jungen gleichberechtigt sind," sagt Lolosoli. Mittlerweile profitieren 28 andere Dörfer in der Umgebung von dieser Arbeit. Die Jungs, die dort groß geworden sind, beschützen sogar die Frauen von Umoja. Das führt oft zu Konflikten mit den Bewohnern ihres Heimatdorfes. Lolosoli bleibt aber zuversichtlich. In Zukunft will der Freundeskreis sich um die knapper werdende Wasserversorgung kümmern.

Das Publikum an diesem Abend war von den geschilderten Erlebnissen beeindruckt. Vor Ort war auch die Sozialdezernentin der Stadt, Dörte Schall: "Als Frau möchte ich Rebecca Danke sagen, für das was sie in dieser Welt für die Frauen erreicht hat." Unterstützt wird dieser Mut der Frauen von Umoja auch durch eine Spende des Oberbürgermeisters. Zum Schluss wird Rebecca Lolosoli ganz bescheiden. Auf die Frage, was sie sich denn von den Menschen in Deutschland wünsche, antwortete sie nur: "Wir freuen uns über jede Unterstützung. Wir sind nur da, wo wir jetzt sind, durch eure Hilfe. Es wäre vermessen, sich mehr zu wünschen."

(Swin)
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