Mönchengladbach Mama macht Abi

Mönchengladbach · Vier Kinder, ein durchgetakteter Arbeitstag ab 5 Uhr: Jasmin Akram holt auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach. Nicht nur, aber vor allem junge Mütter nutzen die Möglichkeit, Schule und Familienleben auf diese Weise zu verbinden.

Jasmin Akram ist 30 Jahre alt, hat vier Kinder und macht nächstes Jahr ihr Abitur am Abendgymnasium. Derya Spasojevic ist 27, hat ein sechs Monate altes Baby und braucht noch zwei Jahre bis zur allgemeinen Hochschulreife. Jasmin Strunk ist ebenfalls 27 Jahre alt, arbeitet als medizinische Fachangestellte in der zentralen Notaufnahme des Bethesda und macht parallel das Abitur. Drei junge Frauen, drei Studierende am Abendgymnasium, ein Ziel: die Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg zu erreichen.

Das Abendgymnasium, das die drei besuchen, heißt korrekterweise Weiterbildungskolleg des Kreises Viersen-Abendgymnasium. In Mönchengladbach findet der Unterricht im Gebäude der Volkshochschule (VHS) statt. Wobei der Name Abendgymnasium in die Irre führt, denn die Kurse in Mönchengladbach finden ausschließlich am Vormittag statt. In Viersen werden auch Abendkurse angeboten.

Vor mehr als 30 Jahren wurde der Vormittagsunterricht in erster Linie für junge Mütter eingerichtet, die das Abitur nachmachen wollten. Heute sind die Teilnehmer gemischt, aber die Frauen überwiegen immer noch. Tatsächlich macht es das Angebot für junge Mütter noch immer gut möglich, Schule und Familienleben zu verbinden - allerdings können die Tage schon sehr lang sein. Wenn beispielsweise Jasmin Akram ihren Alltag beschreibt, merkt man, dass wenig Freizeit übrig bleibt.

"Ich stehe um 5 Uhr auf, damit ich die Kinder für Schule, Kita und Lena-Gruppe fertig machen kann, bringe sie hin, gehe anschließend selbst zur Schule, hole dann die Kinder ab, um sie in die Betreuung zu bringen, kümmere mich um den Haushalt, hole die Kinder nach Hause und bringe sie nach dem Abendessen ins Bett", schildert sie einen Schultag. Gelernt wird am Wochenende. "Wenn mein Mann mich nicht so unterstützen würde, ginge es nicht", stellt sie fest.

Auch Jasmin Strunk hat einen durchgetakteten Alltag: von acht Uhr bis 13 Uhr Schule, dann hat sie eine Viertelstunde Zeit, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen und ihren Dienst anzutreten. Um 21 Uhr ist sie wieder zu Hause. Das sind anstrengende Tage, aber: "Die Studierenden mit dem engsten Zeitplan sind oft die Leistungsstärksten", sagt Joachim Vosen, Lehrer am Abendgymnasium. "Sie bringen eine starke Motivation mit."

Die Unterrichtsinhalte am Abendgymnasium sind die gleichen wie an den normalen Oberstufen von Gymnasien und Gesamtschulen. Nur auf Kunst, Musik und Sport wird verzichtet. Der Unterricht findet nur von montags bis donnerstags statt, die Hausaufgaben werden übers Wochenende gestellt. Natürlich hält nicht jeder durch, im zweiten Semester gibt es 28 Studierende, im vierten Semester nur noch 16. Im Ergebnis aber können sich die Abendgymnasiasten mir den anderen Abiturienten messen, sie legen ebenso das Zentralabitur ab.

Voraussetzung für den Besuch des Abendgymnasiums ist die Fachoberschulreife, ein Mindestalter von 18 Jahren und eine Berufsausbildung oder eine zweijährige Berufstätigkeit.

Derya Spasojevic hat den Weg über die Berufstätigkeit gewählt. "Ich habe in der Gastronomie gearbeitet", erzählt sie. "Aber jetzt, wo mein Kind da ist, möchte ich etwas für eine bessere Zukunft tun." Sie will nach dem Abitur ein Studium im sozialen Bereich aufnehmen.

Die Kurse am Abendgymnasium beginnen zweimal im Jahr, der nächste Start ist im Februar. Am 9. Dezember ab 10.30 Uhr können sich Interessenten bei einem Tag der Offenen Tür in den Räumlichkeiten der VHS an der Lüpertzender Straße informieren. Auch Einzelberatungen sind dann möglich.

(RP)
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