Mönchengladbach Lernen, mit dem Schmerz zu leben

Mönchengladbach · Reinhard Blankertz hat eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit chronischen Schmerzen gegründet.

Reinhard Blankertz weiß, wovon er redet. Seit 32 Jahren lebt er mit Schmerzen. Eine Wirbelsäulenerkrankung veränderte sein Leben, da war er 26 Jahre alt. Seitdem hat er 16 Operationen hinter sich gebracht und unzählige Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte. Eins aber ist geblieben: der Schmerz. Er ist zum ständigen Begleiter geworden und hat schließlich dazu geführt, dass der Versicherungskaufmann vor sechs Jahren aus dem Erwerbsleben ausschied.

"Es geht auf und ab", sagt Blankertz. "Aber durch das Nadelöhr der Schmerzen muss alles hindurch." Was ihm geholfen hat, über Jahre mit dem Schmerz zu leben, waren psychotherapeutische Behandlungen. "Dabei lernt man, gute Tage zu genießen und weniger gute zu überstehen", erklärt er. Grundsätzlich, sagt er, gingen chronische Erkrankungen in 90 Prozent der Fälle mit depressiven Phasen einher. Deshalb sei psychologische und psychotherapeutische Unterstützung dringend notwendig.

Chronische Schmerzen, egal von welcher Krankheit sie hervorgerufen werden, belasten die Betroffenen im Berufsleben, weil sie krankheitsbedingt häufig ausfallen, aber auch privat. Ehen und Partnerschaften können daran zerbrechen. "Für den Partner ist es sehr schwierig, weil die momentane Verfassung so schwankend ist", weiß Blankertz. Gemeinsame Unternehmungen wie Konzertbesuche seien oft problematisch. "Ich kann zum Beispiel nicht so lange sitzen, zu viele Medikamente kann ich aber auch nicht nehmen, dann ist alles wie im Nebel", schildert er die Situation.

Schwierig kann es auch im Berufsleben sein, die ständigen Ausfälle machen böses Blut. Man sehe den Betroffenen ja auch nicht immer an, wie es ihnen gehe. "Ich habe mir zuletzt oft Urlaub genommen, wenn ich ins Krankenhaus musste", sagt Blankertz. Jetzt ist er in Rente, aber: "Es hat drei bis vier Jahre gedauert, bis ich das durchgekämpft hatte", erklärt er. Und nur positiv ist der Erfolg auch nicht: Die Erwerbsminderungsrente ist niedrig, das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, stimmt nicht gerade optimistisch.

Jetzt ist er dabei, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, in der Menschen, die wie er unter chronischen Schmerzen leiden, einander austauschen können. "Jemand, der nicht betroffen ist, tut sich schwer zu verstehen, was chronische Schmerzen bedeuten", weiß er. Deshalb ist der Austausch mit anderen Betroffenen so wichtig - hier weiß jeder, wovon der andere redet. Man kann sich Dinge von der Seele reden, aber auch Tipps geben, über Erfahrungen und Therapien sprechen oder Referenten einladen. Probleme im Privatleben können ebenso thematisiert werden wie berufliche Schwierigkeiten. "Es kann genauso um Tipps gehen, wie man den Ausstieg aus dem Beruf meistert, wie darum, sich gegen eine Kündigung zur Wehr zu setzen", sagt Blankertz. Er weiß aber auch, dass Betroffene oft schwer zu motivieren sind. Viele haben resigniert. "Dabei ist es so wichtig, etwas zu tun", erklärt er. "Der Kopf muss von den Schmerzen abgelenkt werden."

Die Selbsthilfegruppe für Menschen mit chronischen Schmerzen trifft sich an jedem dritten Donnerstag im Monat im Paritätischen Zentrum an der Friedhofsstraße 39 um 17.30 Uhr. Das nächste Treffen folgt am 21. Mai. Für weitere Informationen ist Reinhard Blankertz unter der Telefonnummer 0172 2611937 erreichbar.

(RP)
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