Mönchengladbach "Laudato si'": Ökosoziale Spurensuche am Niederrhein

Mönchengladbach · Zum 125. Jubiläum des Volksvereins hielt der Sozialphilosoph Friedhelm Hengsbach einen Vortrag.

Der Volksverein ist den allermeisten Gladbachern ein Begriff. Im Oktober 1890 als "Volksverein für das katholische Deutschland" gegründet, setzt sich die Institution für die Belange von Arbeitslosen ein. Eine wichtige Aufgabe in der Textilstadt Mönchengladbach, die jeher stark von sozialer Ungerechtigkeit betroffen war. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten verboten. 50 Jahre später wurde der Verein, unter anderem von dem in diesem Monat verstorbenen Edmund Erlemann, als gemeinnützige Gesellschaft gegen Arbeitslosigkeit wiedergegründet.

Die tiefe Verbundenheit mit der katholischen Kirche ist in der Arbeit des Vereins zu spüren. Deshalb wurde das 125-jährige Bestehen nicht nur mit einem Festakt sowie einer Ausstellung zelebriert, sondern auch mit einer Vortragsreihe über theologische Themen und deren heutige Relevanz. Den Abschluss machte jetzt Professor Friedhelm Hengsbachs mit seinem interessanten Referat mit dem Titel "Laudato si' - eine Spurensuche am Niederrhein", indem er über das letzte Rundschreiben von Papst Franziskus über sozio-ökologische Fragestellung sprach.

Zu Beginn war der Abend im Bildungsraum der Betriebsstätte des Volksvereins in der Geistenbecker Straße von der Trauer um Gründungsmitglied Erlemann geprägt. "Er war einer, der sich für die Schwachen eingesetzt hat," erinnerte Josef Kronen, Geschäftsführer des Vereins, an den Weggefährten. Dem stimmte der gebürtige Dortmunder Hengsbach zu und betonte, wie wichtig es für Erlemann war, die katholische Kirche im Jetzt zu leben.

Genau hier knüpfte seine gedankliche Reise an. Akribisch referierte Hengsbach über Papst Franziskus' letzte Enzyklika, die in Referenz zu Assisis Sonnengesang "Laudato si'" stand und dementsprechend Gottes Schöpfung auf Erden und wie die Menschheit damit umgeht, thematisierte. Ein sehr Kapitalismus-kritisches Bild zeichnete sich ab, aus der Sicht der katholischen Bischöfe der Dritten Welt.

Im Laufe von Hengsbachs Vortrag wurde aber deutlich, dass der Papst nicht nur kritisiert, sondern auch klare Verbesserungsvorschläge gibt - und das nicht nur an die Christen dieser Welt, sondern überkonfessionell. Wie diese Handlungsanleitung auf lokaler Ebene am Niederrhein und in der Arbeit des Volksvereins gelingen kann, stellte Friedhelm Hengsbach den interessierten Zuhörern im Saal vor. Dabei wurde auch das Flüchtlingsthema als Resultat von militärischen Konflikten, die auf marktgeschaffene, soziale Ungerechtigkeiten beruhe, angesprochen.

Vor allem ziviles Engagement, als eine Art "stiller Protest," würde dafür sorgen, dass wir nachhaltiges mit unserem Planeten und dessen Ressourcen umgehen. Dass das nicht im Widerspruch zur katholischen Kirche steht macht Hengsbach deutlich: "Glaube ist Praxis, denken Sie an das Gleichnis vom Samariter." Da liegen die Parallelen zum Tätigkeitsfeld des Volksvereins nicht fern. Es gehe darum, Arbeit wieder menschnegerechter zu gestalten. Arbeitslosigkeit nicht nur als selbstverursachten Zustand und eines sozialen Scheiterns zu erkennen, sei ein wichtiger Schritt, um die Ausbeutung der Erde zu stoppen, meint er.

Natürlich blieb der Vortrag nicht ohne offene Fragen. Im Anschluss hatte das Publikum Gelegenheit, seine Fragen loszuwerden. So entstand eine spannende Diskussion über Themen wie Verantwortungsethik oder Konsumismus. Ein krönender Abschluss für die Festlichkeiten zum 125. Geburtstag des Volksvereins, der vor allem nachdenklich darüber machte, wie sich die Menschen in der heutigen Zeit verhalten.

(RP)
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