Serie Denkanstoss Lasst uns über Werte reden

Mönchengladbach · Die Leiterin der Evangelischen Philippus-Akademie beschreibt die Herausforderungen der Flüchtlingswelle.

In diesen Tagen erlebe ich Menschen in den Seminaren der Philippus-Akademie, die sich darüber austauschen wollen, was eigentlich die Werte unserer westlichen Gesellschaften sind. Das ist wichtig. Denn wenn so viele Fremde mit anderem kulturellem Hintergrund zu uns kommen, kann es sein, dass die andere Werte haben. Vielleicht solche, die wir nicht teilen - etwa die Schlechterstellung von Frauen. Oder andere, die uns gut tun würden - etwa der Respekt vor alten Menschen. Jedenfalls ist es für viele eine Zeit der Selbstvergewisserung und Neuentdeckung dessen, was ihnen wichtig ist. Da kommt Erstaunliches zutage: Dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau unaufgebbar ist, ist allen klar. Pünktlichkeit hingegen ist wohl wichtig, aber doch eher eine Norm, die unser Zusammenleben erleichtert, und nicht ein Wert an sich.

In diesen Gruppen wird nachgedacht und Neues entdeckt. Wirklich schön, dass sich viele darauf einlassen. Leider tun das nicht alle. Da gibt es jetzt zum Beispiel Kämpfer für Frauenrechte, von denen man es gar nicht erwartet hätte. Mal ehrlich, liebe Männer: Wenn man in einer Gesellschaft Frauen nur verschleiert auf der Straße sieht, liegt es doch irgendwie nicht ganz fern, in ein Schwimmbad zu gehen und mal richtig schöne nackte Tatsachen zu betrachten - oder? Nur um nicht falsch verstanden zu werden: DAS GEHT NATÜRLICH NICHT! Aber der Untergang des Abendlandes ist es auch nicht.

Was mir Sorgen macht sind die Dirty Harrys und Djangos, die sich nun die Freiheit nehmen, in der Privatheit etwa von Facebook ungebremst ihre Ressentiments zu verbreiten. Da sagen "ganz normale Menschen" plötzlich Dinge wie: "Man soll es ja nicht laut sagen, ABER..." - und dann sagen sie ganz unmögliche Dinge ganz laut. Noch schlimmer sind diese "ganz normalen Menschen", wenn Sie sich etwa als Lehrer eines Gymnasiums eine aus ihrem Beruf entstehende Pflicht zum Denken verkneifen und ihren Schülern auf Facebook schreiben, Merkels "Wir schaffen das" bedeute im Grunde "Wir schaffen Deutschland ab!" Kein Witz. Echt nicht.

Es hat niemand behauptet, dass es leicht wird, wenn diese vielen fremden Menschen zu uns kommen. Oder dass wir das unbedingt wollen müssen. Nein - müssen wir nicht. Wir dürfen das ganz kritisch sehen und Sorgen haben. Aber es hilft ja nichts: Recht ist Recht. Und muss es bleiben. In der Bibel ist das mit den Flüchtlingen übrigens so eindeutig geregelt wie kaum etwas anderes: "Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten...". Auch geregelt ist dort übrigens, dass der Fremde sich an die Gesetze des Aufnahmelandes zu halten hat. Keine Diskussion!

Das nun scheint mir die tatsächliche Herausforderung zu sein. Die Menschen, die zu uns kommen, sollen alles lernen und erfahren dürfen, damit sie verstehen, wie Deutschland funktioniert. Nicht nur, was Recht und Gesetz betrifft, sondern auch, was demokratische Haltung und deutsche Werte angeht - etwa, dass es Gleichberechtigung gibt und dass wir ein Wahlrecht und Gewaltenteilung haben. Und dass Polizisten Menschen hier nicht totschlagen, dafür aber das Fahrradklauen ahnden.

Also bitte: Lasst uns doch auf dem Teppich bleiben - und unsere Werte hoch halten. Sonst schaffen wir das nämlich nicht. Und dann?

(RP)
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