Mmiii Und Villa V Kunst im Doppelpack

Mönchengladbach · Doppel X: Die Parallelausstellungen mit Werken von Eva Weinert und Vesko Gösel sind das zweite Kooperationsprojekt von Kunstverein MMIII und Villa V in Viersen. Die Künstler reagieren auf die unterschiedlichen Örtlichkeiten.

 Vesko Gösel, Eva Weinert und Kuratorin Hannah Eckstein (v.l.) in der Ausstellung des Kunstvereins MMIII.

Vesko Gösel, Eva Weinert und Kuratorin Hannah Eckstein (v.l.) in der Ausstellung des Kunstvereins MMIII.

Foto: Knappe

MMIII Das Refugium des Kunstvereins MMIII im Rudolf Boetzelen Silo ist schlicht, funktional und oberhalb der Galerie von einer geometrischen Konstruktion geprägt. Dieses rasterförmige Trägerwerk war das erste, was der Künstlerin Eva Weinert beim ersten Besuch aufgefallen war. Sie hat auf das architektonische Detail reagiert und daraus eine großformatige, raumbezogene Plastik entwickelt, indem sie einen Ausschnitt formal aufgegriffen und dreifach gesetzt hat. Damit wurde die zweidimensionale Vorgabe in einen offenen Kubus erweitert. Schließlich ist diese Arbeit nun seitlich versetzt am Träger aufgehängt und wirkt in den Raum hinein. "Ich habe mich lange damit beschäftigt, wie eine plastische Arbeit entsteht. Hier entwickelt sie sich aus etwas Gegebenen", sagt die Künstlerin. Vor mehr als zehn Jahren war Weinert Wasserturmstipendiatin. "Ich bin froh, dass mich das Projekt nach Mönchengladbach zurückgebracht hat", sagt die Künstlerin, die mit einer Außenskulptur zentrumsnah das Stadtbild mitprägt.

Vesko Gösel reflektiert beim MMIII fotografisches Material und Situationen eines Fotostudios, verändert aber den Kontext. Auf der Galerie zeigt er Arbeiten, für die er das Material wie ein Konstrukteur neu zusammenfügt. Aus Lamé hat er einen großen Fotoreflektor mit eingewebten Aluminiumfäden genäht, der das Licht auf der Empore leitet. Für den Künstler bedeutet die Arbeit eine Befreiung vom Ursprung des fotografischen Materials, während er zugleich im scheinbaren Widerspruch die Atmosphäre eines Fotostudios andeutet. In der Konfrontation mit der Arbeit seiner Kollegin ergibt sich ein zuvor nicht geplantes Zusammenspiel. Denn auch deren Objekt trägt einen silbernen Schimmer, während die Gegenüberstellung ein Spiel der Kontraste von Linien und Kreis, Fläche und raumgreifender Wirkung ergibt. In der unteren Etage bespielt Gösel abermals das Thema Licht, nun in Anlehnung an einen Wabendiffusor. Mit Hilfe eines selbstgenähten Vorhangs kann er hier einen Lichtkegel bilden. Kulissenbilder bringen schließlich eine theatralische Note mit durchaus politisch zu lesenden Bezügen in die Ausstellung. Einst wurde vor solchen Bildern im Fotostudios posiert. Der Besucher kann das System mit den aufrollbaren und damit austauschbaren Bildern betrachten. Er kann sich aber auch mit einem Selfie als Teil der Szenerie fotografieren und damit die frühere Funktion abrufen.

VILLA V Ein hölzernes Band verbindet die Türen. Es führt von der Tür, hinter der die Küche liegt, durchs Esszimmer und weiter ins Wohnzimmer bis zu der Tür, die zum Flur führt. Eva Weinert hat dieses hölzerne Band entworfen, das Bezug auf das Raummaß nimmt und die Rundung der Türen aufgreift, die in der klaren Architektur der Villa V ein spielerisches Element bilden.

Die denkmalgeschützte Villa, die der Architekt Bernhard Pfau 1930 für den Unternehmer Walter Kaiser (Kaiser's Kaffee) erbaute, ist Privathaus und Ausstellungsraum zugleich: Immer wieder räumt die Inhaberin Gerda-Marie Voß Möbel aus dem Wohnzimmer, um Künstlern einen Platz zu geben, dort ihre Arbeiten zu zeigen.

Ab Sonntag ist die Villa nun einer von zwei Ausstellungsorten: In der Villa V an der Burgstraße in Viersen und im Kunstverein MMIII an der Künkelstraße in Mönchengladbach stellen Eva Weinert und Vesko Gösel aus, beide ehemalige NEW-Stipendiaten im Gladbacher Wasserturm. Die Ausstellungsorte könnten unterschiedlicher nicht sein: hier das Privathaus, das für Kunstinteressierte die Türen öffnet, dort die ehemalige Gewerbehalle, in der großflächige Skulpturen Platz finden.

Gemeinsam ist beiden Orten, dass die Künstler in ihren Arbeiten Bezug auf den Raum nehmen, in dem sie ausstellen - und dadurch Räume verändern. Das betrifft auch das Material. Zeigt Weinert in Viersen das Band, ist es in Mönchengladbach eine Art Käfig. In Viersen wählte sie mit Blick auf Einbauschränke aus Wurzelholz, die Architekt Pfau für die Villa plante, MDF für das Band. In Mönchengladbach bilden Alu-Teile, die auf das Metallgerüst der oberen Etage verweisen, den Stoff für ihre Skulptur. "Eva Weinert macht Raum erfahrbar, sie lässt bewusst werden, was den Raum bestimmt", sagt Kuratorin Hannah Eckstein.

Während Weinert die Maße eines Raums auseinandernimmt und damit arbeitet, nimmt Gösel Fotografien auseinander und setzt sie neu zusammen. Auf den ersten Blick sind diese in der Villa V gar nicht zu sehen, so sehr scheinen sie zum gewöhnlichen Inventar eines Privathaushalts zu gehören. Objekte Gösels hängen an den Wänden im Flur, stehen in einer Vitrine im Wohnzimmer, zersplitterte Persönlichkeiten. Sein Stoff sind Relikte aus der Frühzeit der Fotografie - in Viersen sind das Kabinettfotoalben aus der Zeit der Jahrhundertwende, wie sie im Schrank der Kaiser's-Villa präsentiert worden sein könnten, in Mönchengladbach Dinge, die auf die Ausstattung eines Fotostudios verweisen. Vor den handgemalten Leinwänden, riesengroß, wird der Betrachter selbst zum Motiv.

Eröffnung: Samstag, 24. September, um 19.30 Uhr im MMIII und am Sonntag, 25. September, um 11.30 Uhr in der Villa V; Einführung: Hannah Eckstein, die Kuratorin des Ausstellungsprojekts stellt die Künstler vor. Es erscheint eine Edition.

(RP)
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