Mönchengladbach Tribut an Miles Davis - ohne Trompete

Mönchengladbach · Das Trio Philipp van Endert / Konstantin Winstroer / Robert Hurasky bezeugt bei den Jazz-Visions Jazz-Großmeister Miles Davis seine Reverenz. Im voll besetzten BIS lassen die drei die Musik des legendären Trompeters wiederaufleben.

 Sie spielen seit Sandkastenzeiten zusammen (v.l.): Philipp van Endert, Konstantin Wienstroer und Robert Hurasky.

Sie spielen seit Sandkastenzeiten zusammen (v.l.): Philipp van Endert, Konstantin Wienstroer und Robert Hurasky.

Foto: Detlef Ilgner

Es scheint in Mönchengladbach eine durchaus nennenswert große Gemeinde von Menschen zu geben, die dem jahreszeitlich verordneten Frohsinn eine karnevalsfreie Freizeitgestaltung vorziehen. Am Freitagabend jedenfalls, wenn der gemeine Jeck sich entweder Büttenreden aus Mainz vom Sofa aus anschaut oder sich auf diversen Mottofeten unters närrische Volk mischt, an diesem Freitagabend also bevölkerten so viele unkostümierte Menschen aller Generationen das BIS-Zentrum, dass spontan die Kategorie der Stehplatzkarte eingeführt werden musste im Kulturzentrum an der Bismarckstraße. Gegenstand des Interesses war die Musik von Miles Davis, dem drei weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Musiker ihre Reverenz erwiesen: der Gitarrist Philipp van Endert, Konstantin Winstroer am Bass und mit Robert Hurasky am Schlagzeug der Architekt der Jazz Visions, die hier und heute ihre 13. Auflage erlebten.

Die drei Jungs spielen seit Sandkastenzeiten zusammen. Und gleich ob sie heute in diversen anderen musikalischen Projekten fest engagiert sind, die offenen Ohren und Sinne füreinander haben sie sich erhalten. 1992, so erzählt Hurasky, sei eine Mugge bei einem Zahnarzt der Beginn des Miles-Davis-Programms gewesen. Da war die legendäre Lichtgestalt des Jazz, die übrigens selbst einer Zahnarzt-Familie entstammt, gerade gestorben. Bebop, Cool-Jazz, modaler Jazz, Jazz-Rock, - der Jazz der Nachkriegszeit ist ohne Miles Davis' prägenden Einfluss und sein unnachahmliches Trompetenspiel schlichtweg nicht vorstellbar. Dass nun aber die drei Musiker vom Niederrhein sich dem Miles-Stil so ganz ohne Trompete nähern, bezeugt eine Kunst ganz fernab vom bloßen Covern.

Philipp van Endert, inzwischen an der Düsseldorfer Musikhochschule Jazzgitarre-Dozent, prägt den Sound seiner Arrangements von Hits aus diversen Stilepochen einmal durch intime Kenntnis der Originale und dann durch die Fähigkeit der Verdichtung. Sein Gitarrenspiel weiß um die harmonische Struktur, zeichnet gekonnt die melodischen Linien nach und streichelt die Ohren mit erlesenen Hall-Effekten, raffinierten Spieltechniken und einem sagenhaften Feeling für den Puls der Musik. Gern bauscht der Gitarrist atmosphärische Klangwolken auf, bevor seine Mitstreiter zum festgelegten Satz einfallen. Die sinnliche Körperlichkeit seines Spiels ist einzigartig.

Wir hören zurück in die späten 50er - sind bei den Alben "Milestones" und "Kind of Blue" zu Gast. Dürfen Konstantin Winstroers "running" Bassspiel bewundern, das feine gestrichene Timbre; und innerlich mit der Zuge schnalzen ob der delikaten Klangfarben, die Robert Hurasky nicht nur aus den Fellen, sondern auch aus dem Trommelrand herausholt. Ganz zu schweigen von dem virtuos getimten, brillanten Gebrauch der Drumsticks. Alles schwingt, alles klingt. Die Fangemeinde ist begeistert. Trotz oder wegen des Karnevals.

Nächste Jazz-Visions: Joerg Kaufmann Quartett mit dem West Side Story-Projekt am 4. März; weitere Termine folgen im April und Mai.

(ark)
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