Mönchengladbach Sonnengesang mit Künstler

Mönchengladbach · St. Franziskus: Bert Gerresheim und Uta Husmeier-Schirlitz im Gespräch.

 Die Direktorin des Neusser Clemens-Sels-Museums Uta Husmeier-Schirlitz und der Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim im Gespräch.

Die Direktorin des Neusser Clemens-Sels-Museums Uta Husmeier-Schirlitz und der Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim im Gespräch.

Foto: Jörg Knappe

Seit 2007 steht der Patron vor der Kirche in Geneicken. Der Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim hat die Bronzeskulptur geschaffen, die den heiligen Franziskus von Assisi zeigt. Die gebeugte Gestalt stützt sich auf einen Stab mit Querriegel, der den Buchstaben "Tau" des griechischen Alphabets, im Hebräischen der letzte Buchstabe, verkörpert. Darin erkennt Dr. Uta Husmeier-Schirlitz, Direktorin des Neusser Clemens-Sels-Museums, ein Zeichen für "durchkreuzte Wege". Zwischen Sicht- und Unsichtbarem, zwischen Glaube und Welt. "Tau ist ein altes Erlösungssymbol", weiß sie.

Um "Durchkreuzte Wege" ging es beim Auftakt der neuen Gesprächsreihe in St. Franziskus. Pfarrer Klaus Hurtz stellt sie unter das Motto "Abendlicher Sonnengesang", das an den berühmten Lobpreis der Schöpfung durch den Begründer des Franziskanerordens erinnert. Künstler Gerresheim ließ schon als Student sein Leben von Franziskus durchkreuzen. Davon berichtete der 80-Jährige in Geneicken. Seine erste Berührung mit Franz von Assisi habe er 1945 als Zehnjähriger erlebt, als seine ausgebombte Familie Quartier in dem Haus eines Nationalsozialisten nahm. In dessen Bibliothek faszinierten ihn besonders drei Bücher: Dantes "Vorhölle", ein Werk über den Lebemann Casanova und die "Blümlein" (Fioretti) über das Leben des Franziskus. Die Erwartung seiner Eltern, dass er das Familienunternehmen übernehmen würde, durchkreuzte der junge Bert, indem er den Wunsch, Priester zu werden, offenbarte. Doch dann machte die "Begegnung mit dem Erotischen" auch diesen Plan zunichte, gestand Gerresheim. Die Bewunderung für Franziskus hielt gleichwohl an. Längst ist der Künstler Mitglied des dritten, Laien offenstehenden Ordens der Franziskaner. Husmeier-Schirlitz erwähnte, dass der Student Gerresheim sich wochenlang in den Höhlen rund um das toskanische Bergkloster La Verna aufhielt, um das Leben des verehrten Heiligen, des "genius loci", authentisch nachzuempfinden.

Die Franziskus-Figur vor der Kirche und die kleine Gerresheim-Werkschau neben dem Altar zeigen, wie wichtig dem Bildhauer die Überlieferung ist, der Heilige habe die Wundmale Jesu Christi aufgewiesen. Dessen stigmatisiertes Leben "in der Nachfolge Christi" setzte Husmeier in Bezug zum Schicksal der vom Judentum konvertierten Karmelitin Edith Stein, deren Lebensweg "von Hitler durchkreuzt" wurde - sie wurde in Auschwitz ermordet. Auf dem Altar ist das Modell für das Edith-Stein-Denkmal, das Gerresheim für Kölns Börsenplatz schuf, zu bewundern. Er hält die Philosophie dieser Denkerin für "schwierig". Seine Ausweitung der Vorstellung von Stigmatisation auf vielerlei Lebensbereiche der Gegenwart scheint freilich nicht weniger mysteriös.

(RP)
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