Mönchengladbach Der Bilderbuchkünstler

Mönchengladbach · Michael Bayer illustriert Kinderbücher. Sein Atelier ist in der Kulturküche. Wir haben ihn besucht.

 Michael Bayer in seinem Atelier-Büro in der Kulturküche.

Michael Bayer in seinem Atelier-Büro in der Kulturküche.

Foto: Detlef Ilgner

Die Ohren des Elefanten flattern wild im Wind, die Mähne des Löwen ist schon total zerzaust, das Äffchen hält sich am Hals des Esels fest, und die drei Pudel lassen sich mal kräftig das fein getrimmte weiße Haupthaar durchpusten. Eine feine Choreographie, die sich der Illustrator da ausgedacht hat. Die versammelte Menagerie hält sich wacker gegen den Fahrtwind, der ihnen entgegenfegt - auf dem offenen Anhänger des Zirkuswagens. Michael Bayer hat die Szene erfunden. Für ein Kinderbuch über einen kleinen Wanderzirkus, das 2002 in China herausgekommen ist. Die Schrift in chinesischen Zeichen, also eingeschränkt lesbar. Die Bilder aber wird jedes Kind - auf der gazen Welt - verstehen. "Dann habe ich es richtig gemacht", sagt der Kinderbuchillustrator, der in seinem Atelier-Büro über der Kulturküche arbeitet. Professor Markus Herrenberger, bei dem Bayer Grafik-Design studierte, hat genau das immer von seinen Studenten verlangt - die Bilder müssen auch ohne Worte eine Geschichte erzählen.

Michael Bayer arbeitet mit der Hand und am Computer. Gerade hat er für den Duden-Verlag "Die bunten Kicker" fertiggestellt. Für den gleichen Verlag hat er drei Bücher über den Herrn von Blech illustriert: Herr von Blech geht zur Schule, Herr von Blech ist verliebt und Herr von Blech zieht ein. Da konnte er seine Fantasie einfach spielen lassen. Der Herr von Blech besteht aus einem Toaster, der Kopf ist ein alter Wecker, und Arme und Beine bestehen aus Essbesteck. Dennoch ist er voller Leben. Zum 80. Geburtstag von Michael Ende hat der Illustrator das Buch "Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte" neu in Szene gesetzt. "Eine wunderbare Aufgabe für mich", sagt Michael Bayer.

Vor fünf Jahren kam er von Münster nach Mönchengladbach. "Ein Kulturschock", sagt er. "Da - die wunderschöne westfälische Unistadt, hier - der große Gegensatz." Schnell lernte er aber die Schönheiten Mönchengladbachs kennen. "Die Wälder, der weite Blick - das ist schön." Und er bemerkte, dass die Stadt im Aufwind war. Er orientierte sich schnell in der kreativen Szene, hatte sein Atelier im K1, dem früheren Finanzamt an der Kleiststraße. Dort lernte er Hannah von Dahlen kennen. Und die zeigte ihm die Kulturküche. Er mietete sich ein.

"Ich arbeite stundenlang allein, die Kontakte habe ich unten in der Kulturküche", sagt Michael Bayer, der das Konzept des Hauses außerordentlich schätzt. Durch die beiden Fenster seines Ateliers schaut er in die Gasthausstraße. Er ist mittendrin in der Altstadt - und fühlt sich wohl. Umgeben von seinen Büchern, seinem Arbeitsmaterial, den anderen Menschen, die in diesem spannenden Haus arbeiten.

"Wenn kleine Tiere Schnupfen haben": So heißt ein Band, den Bayer illustriert hat. Die Kuh hat's echt erwischt. Die Nase tropft, die Augen tränen, gegen die Halsschmerzen hilft ein Schal. Das Schwein hat sich eine Wärmflasche auf den schmerzenden Bauch gebunden, und die Katze hält sich den Rücken. Dr. Maus ist mit dem Arztkoffer angerückt und zückt das Fieberthermometer. Michael Bayer lacht: "Tiere zeichne ich wirklich sehr gern." Und gut. - Aber alles andere auch.

(RP)
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