Mönchengladbach Kritik am Teilhabegesetz der Bundesregierung

Mönchengladbach · Politiker, Betroffene und Verbände diskutierten in den Hephata-Werkstätten über den Stand der Inklusion.

Der Kabinettsbeschluss zum Bundesteilhabegesetz war gerade erst raus. Da wurde auf Einladung der SPD-Bundestagsfraktion über den aktuellen Stand des Themas "Inklusion - gleiche Chancen für alle? - Auf dem Weg zum Bundesteilhabegesetz" diskutiert. Tagungsort waren die Hephata-Werkstätten der Betriebsstätte Spielkaulenweg, wo sich Politiker, Betroffene und Vertreter von Verbänden für Menschen mit Behinderung trafen. Zur Begrüßung betonte die SPD-Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2017 noch viele Aspekte berücksichtigt und Verbesserungen durchgesetzt werden müssten. Für die Diskussionsrunde begrüßte sie Rats- und Sozialdezernentin Dörte Schall, Klaus-Dieter Tichy, kaufmännischer Vorstand der Stiftung Hephata, und Referentin Kerstin Tack, Beauftragte für Menschen mit Behinderung in der SPD-Bundestagsfraktion.

Tack lobte das Bundesland NRW, das wie kein anderes die Inklusion umsetze. Sie stellte entscheidende Punkte des Teilhabegesetztes vor: 2011 hatte der Bund die Dachkampagne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gestartet und einen Aktionsplan beschlossen. Zentrales Thema ist die Inklusion. Für den Kabinettsbeschluss habe man sich darauf verständigt, die Leistungen an Menschen mit einer wesentlichen Behinderung aus dem bisherigen Fürsorgesystem herauszuführen und die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln. "Die Leistungen sollen nicht länger institutionszentriert, sondern personenzentriert bereitgestellt und sie sollen aus einer Hand erbracht werden", so Tack. Ziel sei, die Selbstbestimmung und Lebensplanung der Betroffenen zu unterstützen.

Schall verwies auf eine heterogene Gruppe von Betroffenen, zu denen junge und alte, körperlich und geistig behinderte Menschen gehören. "Ein Kind mit geistiger Behinderung braucht etwas Anderes als ein Akademiker mit körperlicher Behinderung. Wie bei jedem neuen Gesetz, können auch hier viele Hoffnungen nicht erfüllt werden", so die Dezernentin. Tichy begrüßte das neue Gesetz, doch ihn trieb die Sorge, dass bei dessen Ausgestaltung wichtige Aspekte vergessen werden könnten.

Zu Beginn der offenen Diskussion bezeichnete eine Besucherin das Gesetz in seiner Gänze als "Spargesetz", das Menschen mit Behinderung in Existenznöte bringen könnte. Tack erwiderte, dass eine Begleitforschung genau beobachte, wo Nacharbeit nötig sei. Tatsächlich würden die Kommunen das neue Gesetz kritisch beäugen, da damit Leistungsausweitungen verbunden seien. Ein Arzt, spezialisiert auf Kinder und Jugendliche mit geistiger Intelligenzminderung, sah in der aktuellen Inklusionsbewegung von NRW zurzeit eine Zerstörung von spezialisierten Angeboten. Er warb dringend, die so nötige Spezialisierung zu wahren.

Tack versprach, Anregungen mit nach Berlin zu nehmen. Yüksel betonte: "Wir bleiben in der Diskussion. Es ist wichtig, dass Sie mit ihren Dachverbänden dabeibleiben." Sie warb für Kompromissbereitschaft mit dem Hinweis: "Bei so einem großen Gesetz können wir nicht alle gleichermaßen glücklich machen."

(anw)
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