Serie Gladbacher Lesebuch (10) Karneval und Kommunion sind unvergessen

An das Jahr 1953 erinnere ich mich wegen der Flutkatastrophe an der niederländischen Nordseeküste. Der Besuch der Schulmesse in der Pfarrkirche St. Maria Rosenkranz war einmal wöchentlich Pflicht. Für uns Kinder von der Krefelder Straße bedeutete dies einen Fußweg von 30 Minuten. Bei den Messen fungierte neben den geistlichen Herren auch der Kirchenschweizer Schlesiger in seinem roten Talar. Bei unangemessenem Verhalten wurde man auch schon einmal aus der Bank geholt und für jeden sichtbar in den Gang gestellt, was mir allerdings nicht passiert ist. Zu Fronleichnam zogen alle Pfarren mit ihren Prozessionen zur Kaiser-Friedrich-Halle, um vor dem dort aufgebauten Altar den Schluss-Segen zu empfangen. Die Bismarckstraße war damals aus diesem Anlass noch voll von Menschen! Die Altäre der Eickener standen unter anderem vor der Kleingartenanlage "Alsbroich" und am Aretzplätzchen.

 Für den Tag der Kommunion wurden die Kinder fein eingekleidet. Heinz-Georg Lindgens, der dritte Junge von rechts, war an diesem Tag ebenso stolz wie die anderen Jungen. Bei den Herren mit Zylinder handelt es sich um Lehrer.

Für den Tag der Kommunion wurden die Kinder fein eingekleidet. Heinz-Georg Lindgens, der dritte Junge von rechts, war an diesem Tag ebenso stolz wie die anderen Jungen. Bei den Herren mit Zylinder handelt es sich um Lehrer.

Foto: Heinz-Georg Lindgens

Zu Ostern 1955 endete für uns die "Co-Education". Wir Jungen wurden von den Mädchen getrennt und kamen unter die Fittiche des Lehrers Peters. In dem Jahr besuchten wir an Altweiber eine Filmvorführung im Capitol über gefangene Elefanten in Indien. Im Anschluss unternahm ich, mit meinem Schultornister auf dem Rücken, "einen Zug durch die Stadt". Ich hielt mich zunächst in den gewärmten Kaufhäusern auf und schlenderte dann langsam, ohne Essen und Trinken, die Hindenburgstraße hinauf und landete am Abend auf der Waldhausener Straße. Hier hatten die Karnevalisten kurz vor der Einmündung in die Aachener Straße eine Bühne im Freien, auf der sie eine Sitzungsveranstaltung durchführten. Es war meine erste karnevalistische Sitzung. Ich spürte weder Hunger noch Kälte, sondern war von den Wortbeiträgen und dem ganzen Zeremoniell einfach fasziniert!

Unsere Klasse nahm erstmals an den Bundesjugendspielen teil. Zu diesem Zweck zogen wir mit den Lehrern zum Sportplatz neben dem Volksbad, um auf dem Aschenplatz unsere Leibesübungen zu vollbringen. Ich war eine sportliche "Nulpe". Somit reichte es nur zu mageren sieben Punkten in den gesamten Übungen. Wer bei diesem Wettbewerb über 75 Punkte erreichte, durfte sich später auf dem Gelände des TV 1848 im Wettkampf der gesamten Schulen von Mönchengladbach mit seinen Altersgenossen messen. Wir hatten jetzt regelmäßig Sportunterricht.

Ich besuchte mit älteren Nachbarn gelegentlich die Heimspiele der Borussia auf dem Bökelberg. Es freute mich, wenn dort ein Tor für die Borussen fiel. Vom Sinn und den Regeln des Spiels hatte ich keinen blassen Schimmer. So war es auch nicht verwunderlich, dass ich mit der zugewiesenen Ersatzrolle als Linienrichter während des Sportunterrichtes nicht zurechtkam.

Am Weißen Sonntag dieses Jahres ging ein großer Teil unserer Klasse mit zur Kommunion. Vorher wurden wir von Kaplan Hohn an einem Nachmittag in der Woche in einem Klassenraum der gerade erst errichteten Regentenschule auf dieses Ereignis vorbereitet. Ich beneidete die Kinder, welche sich jeden Tag in diesen schönen neuen Klassenräumen tummeln konnten, während unsere Alsschule noch aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammte und von außen somit eher den Eindruck einer "Zöglingsanstalt" machte. Die Treppenstufen waren auch schon ziemlich ausgetreten. Für den Festtag wurde ich bei Textil Höfeler am Aretzplätzchen ausstaffiert. Zwei weiße Hemden, die obligatorische blaue Schirmmütze und die Hals-Schleife wurden bei Hettlage an der Hindenburgstraße gekauft, die schwarzen Halbschuhe aus Boxcalf-Leder bei Ermert neben dem Großen Union-Theater an der Hindenburgstraße erstanden.

Nach dem Ende des vierten Schuljahrs verließen uns einige Mitschüler, die zu weiterführenden Bildungseinrichtungen geschickt werden konnten. Ich habe die "Mittlere Reife" später auf der Abendrealschule nachgeholt und das Abendgymnasium in Viersen besucht.

(RP)
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