Mönchengladbach Junge Menschen - die Zukunft der Ukraine

Mönchengladbach · Am zweiten Tag der Tagung "Sozialethische Gespräche" im Rathaus Abtei steht die Ukraine im Fokus. Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Landes. Zu den Referenten gehört auch der Botschafter des Landes, Dr. Andrij Melnyk.

 Der Ukraine-Botschafter Dr. Andrij Melnyk im Gespräch mit KSZ-Direktor Prof. Peter Schallenberg (rechts).

Der Ukraine-Botschafter Dr. Andrij Melnyk im Gespräch mit KSZ-Direktor Prof. Peter Schallenberg (rechts).

Foto: Jörg Knappe

Der ukrainische Botschafter Dr. Andrij Melnyk hatte für seinen Vortrag mit dem Thema "Zwischen Maidan-Wende und Krieg im Donbass - die Ukraine und Europa" im Rahmen der Sozialethischen Gespräche einen besonderen Schwerpunkt gewählt: nämlich die Zukunftsfähigkeit der Ukraine. Über den Krieg dort sei zwar schon so oft berichtet worden, sagte er. Trotzdem dominierte der Ukraine-Krieg den zweiten Tag der Sozialethischen Gespräche im Rathaus Abtei.

Denn seine Auswirkungen beeinflussen weiterhin und unmittelbar die Zukunft dieses osteuropäischen Landes. Deshalb ist es für den Botschafter die wichtigste Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Ukraine, dass im Osten des Landes wieder Frieden herrscht. Erst dann könne sich die Ukraine wirtschaftlich wieder erholen, sagte Melnyk. Infolge der Kampfhandlungen im Osten des Landes sei die ukrainische Wirtschaft im vergangenen Jahr um sieben Prozent geschrumpft.

Dr. Andreas Umland, Dozent an der Nationalen Universität "Mohyla-Akademie" in Kiew, schilderte unterdessen anschaulich in seiner sozialwissenschaftlichen Analyse "Die Ukraine, die Politik Russlands und die Folgen für (Ost-)Europa", wie Putin aktuell die wirtschaftliche Situation in dem Land schwächt: "Allein durch Truppenmanöver und Truppenbewegungen an der Grenze zur Ostukraine schafft er eine Atmosphäre der Bedrohung und verschreckt dadurch Investoren. Grenzgebiete, die nicht besetzt sind, sollen in einer Bedrohungssituation bleiben, damit sich dort keine Firmen ansiedeln", sagte er. Als Lösung schlug er einen Garantiefonds vor, der ausländische Investoren anlocken und finanziell schützen solle. Auch die Perspektive, Mitglied in der Europäischen Union zu werden, würde die Ukraine stabilisieren, führte Dr. Umland weiter aus.

In der Bevölkerung und in der Kultur des Landes macht er eine tiefgreifende Veränderung der Haltung zugunsten der EU aus: "Die Ukraine hat das reformfreudigste und EU-freundlichste Parlament in ihrer Geschichte", sagte er.

Botschafter Dr. Melnyk setzt dabei seine große Hoffnung für die Zukunft der Ukraine auf einen bestimmten Teil der Bevölkerung: auf die jungen Ukrainer. Denn gerade diese fühlten sich demokratischen Werten verbunden und seien "nicht vom sowjetischen Virus infiziert", sagte er. Gemeinsam mit Dr. Umland sprach er sich dafür aus, verstärkt gegen die Korruption anzukämpfen.

In der an die Vorträge anschließenden Diskussion machte der Botschafter anhand eines Beispiels aus seinem Familienkreis deutlich, wie gut die russische Propaganda funktioniert: In seiner russisch-ukrainischen Familie würden die meisten seiner russischen Familienmitglieder dem russischen Staatsfernsehen mehr Glauben schenken als den Erlebnisberichten ihrer ukrainischen Verwandten", sagte er. "Es ist auch ein Krieg zwischen Fernsehen und gesundem Menschenverstand, und das Fernsehen gewinnt", sagte er.

Zum Schluss nahm der Botschafter vor den rund 70 Zuhörern auch die katholische Kirche in die Pflicht und forderte sie auf, ihren Druck auf Moskau zu erhöhen.

(drlp)
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